Gar keinen Bock, dass die geilsten Tage des Jahres vorbeiziehen? Wir auch nicht! Also holt nochmal das Maximum raus, ballert euch die neusten Acts aus NRW auf die Ohren und macht aus dem unscheinbaren Moment einen, an den ihr auch noch an Silvester zurückdenkt und sagt „Jo, das war mega!“. 10x Sounds aus NRW, hier kommt die achte Ausgabe „Musik von hier“:
The Stokes – The White Album
The Stokes existieren seit zwei Jahrzehnten und kommen aus Dublin. Ach nee, das stimmt ja gar nicht, das Trio kommt aus Essen und Borken, erweckt aber unmittelbar das Gefühl, man tränke Guinness in einem Pub auf der grünen Insel. Auf ihrem neusten Studioalbum „The White Album“ gibt es zwölf Songs, von denen man die allermeisten bereits kennt. Bob Dylan, Pete Seeger, Traditionals und mehr. „Where Have All The Flowers Gone“, „Danny Boy“, „Turn Turn Turn“, „Blowin‘ in the Wind“. Melodien, die wir alle auf Anhieb mitsummen, Texte, die immer noch für Frieden stehen und keinen Funken an Aktualität verloren haben. So ziert auch eine weiße Taube das Cover und ein Peace-Zeichen den Tonträger. Technisch super gespielt, emotional packend gesungen, ganz ohne Schnickschnack oder Ansporn, irgendwas zu sein, was es nicht ist. Stattdessen klingen The Stokes so irisch, dass es irischer in NRW kaum noch werden kann. Old-fashioned, but still Goldies. Bereits veröffentlicht
Mary – See You In Hell
Fleiß zahlt sich aus: Mary aus Mönchengladbach gibt permanent Vollgas. Nach zwei EPs im letzten Jahr, ist nun endlich ihr Debütalbum da. Damit sich ihre Fans aber nicht einfach nur mit einem oder zwei neuen Tracks zufriedengeben müssen, sind alle acht Songs auf der ersten LP bisher unveröffentlicht. Wie gesagt, Fleiß kann sie. Musikalisch liefert das aktuell in Straelen ansässige Punk-Pop-Girl gewohnt frechen, gutgelaunten Sound, der schnell ins Ohr geht, dieses Mal sogar als Duettpartner Henri von Kopfecho bereithält („See You In Hell“), ebenso ihrer melancholischen Seite Raum lässt („Hiraeth“) und für die 90s Kids unter uns eine Hymne raushaut („90s Kids Anthem“). Fair: Seit Anfang Juli kann man das Album als kostenpflichtigen Download, Tape und CD ergattern. Wer es for free streamen will, muss noch ein bisschen warten. Übrigens ist Mary am 16.9. live beim Fringe in Duisburg. Du auch? Bereits veröffentlicht
Flowerleaf – Dreamerie: The Prelude
Gegründet haben sich FlowerLeaf 2017 in Brasilien. Allerdings sahen Sängerin Vivs und ihre drei Jungs in Deutschland mehr Möglichkeiten, um ihren Träumen nachzugehen. So verließen sie gemeinsam ihre Heimat und leben seitdem in Düsseldorf. Mit „Dreamerie: The Prelude“ erschien gerade die neuste EP, die knapp unter einer halben Stunde bleibt. Der Name verrät schon, dass es sich um ein Großprojekt handelt, was das Fanherz höher schlagen lässt. Die acht neuen Songs entführen in eine Traumwelt voller Symphonic-Metal-Hymnen, als hätten Nightwish zu ihren Anfängen zurückgefunden. Pathetisch, trotzdem laut. Kitschig, trotzdem tiefergehend. Hier wird voll aufgefahren, sodass besonders die opulente Produktion nachhaltig hängenbleibt. „Fireflies“ löst durch seine Tempiwechsel diverse Gefühle aus, „The Storm“ bläst wirklich wie ein Orkan durch die Gehörgänge. Am 30.9. gibt’s das Ganze live beim Killerz Fest in Oberhausen. Bereits veröffentlicht
Überflüssig – Love, Peace and Pleasure
Überflüssig aus Herne bezeichnen ihren Sound selbst als TrashPop-Punkrock – und das trifft es wirklich gut. Die Band besteht bereits seit 1996, hat aber hier und da bei den Mitgliedern etwas getauscht. Joscha Schmottlach gründete die Band, stand selbst schon mehrfach vor der Kamera und auf der Theaterbühne, bei Überflüssig steht er am Mikro, spielt Gitarre und Bass. Aktuell tritt mit ihm gemeinsam NikGrau an den Drums auf. Die fünf Tracks auf der ersten EP nach der großen Werkschau aus 2022 präsentiert fünf irrwitzige, englischsprachige Songs, die zwischen unter einer Minute und über sieben dauern – eben so, wie es den beiden gerade am besten passt. Highlight ist der Opener „On the Way“, der ein wenig an The-Cure-Zeiten erinnert. Im abschließenden Kuscheler „Go for a Walk“ wird über die Tochter von Uma Thurman und Ethan Hawke Maya Hawke gesungen, die Joscha selbst mal traf. Songs ausm Leben, verpackt in einem besonders hübschen Cover. Bereits veröffentlicht
The Yawës – Little Worlds
Erinnert ihr euch noch an die besonders langweiligen Tage – ach, was sagen wir: Wochen! Ach, komm: Monate – in der Pandemie, als ihr alles bereits aufgeräumt, den Supermarkt leer gekauft hattet und spazieren gehen nur noch nervte? The Yawës aus Krefeld – das sind Karin als Sängerin und Gitarristin, Solveig am Bass und Steven am Schlagzeug – haben währenddessen eine Band gegründet. Dabei hatte man plötzlich so viele Songideen, dass nun nach einigen EPs das Debütalbum „Little Worlds“ mit gleich elf Tracks erscheint. Teenager:innen waren die Drei in den 90s, und da ging nix über Grunge. Also nimmt man raue, nicht zu glattgeschliffene Rocksounds, legt sanften Gesang drüber, der an einigen Stellen bewusst lethargisch klingt, zack, fühlt man sich wie bei Garbage, den Lemonheads oder The Breeders. „I think of You“ löst Flashbacks aus, „Golden Leaves“ hätte es damals auch auf einen coolen Soundtrack geschafft. Bereits veröffentlicht
Liveware – Golden Sky
Eine richtige Überraschung erwartet einen, wenn man die dritte LP der Recklinghäuser Band Liveware anklickt. Fast eine ganze Stunde lang gibt es wirklich richtig guten Classic Rock mit absolut herausragenden Gesangskills von Thomas Droberg. Das ist echt hohes Niveau und wahnsinnig schwer zu imitieren. Schon 2009 formte sich die Gruppe aus Rudimenten einer Schülerband, der Lockdown brachte das Sextett dazu, es sich zeitlich zu erlauben. Die Kreativität ließ auch nicht lang auf sich warten. Zu hören gibt es zehn fette Songs zwischen Alter Bridge und Meat Loaf, was wirklich als Kompliment genommen werden darf. Ein Album, das sich wie aus einem Guss anhört und damit im Gesamten zu empfehlen ist. Zum Reinhören lohnen sich aber trotzdem das melancholische „Crazy World“ mit 80s-Hommage, der fast neunminütige Epos im Titelsong „Golden Sky“ und der treibende „You and I“ mit Herzschmerz-Chorus. Mega! VÖ: 1.9.
EES – Good Vibes Only
An den letzten wirklich nicen Tagen mit Sonnenschein können wir natürlich nicht schon zum schwermütigen Sound übergehen. Deswegen schickt EES für den Spätsommer genau die passende LP raus, um euch alle nochmal zum Open-Air-Dancen aufzufordern. Mit sehr groovigen Reggae-Beats voller Bläser und spaßigem Dancehall auf Deutsch könnt ihr ordentlich die Hüften schwingen. Ob beim Zumba oder auf der letzten großen Grillparty, macht an beiden Orten Laune. Das erinnert an Culcha Candela und auch ein wenig an Sean Paul – gibt’s somit entschieden zu selten aus NRW. EES kommt ursprünglich aus Namibia, lebt aber in Köln. Wer richtig eskalieren mag, besucht am besten die große Tour, die Ende September startet und in Dortmund und Köln hält. Vorher pumpen wir den Ohrwurm „Nur du“ im Duett mit Jazzy Gudd und „Legit“, wozu man Ende der 00er in Clubs zweifellos drauf abgegangen wäre. VÖ: 1.9.
Sasha – This Is My Time, This Is My Life
Eine Werkschau der ganz besonderen Art: Der Soester Jung Sasha feiert 25 Jahre Solokarriere und schaut in seinem neuen Bühnenprogramm zurück und nach vorne. Dafür gibt es die beliebtesten Classics im neuen Gewand, Cover von seinen persönlichen Lieblingssongs und Comedy dazwischen. Studioaufnahmen der neuen Versionen sind bald auf allen Portalen auch daheim hörbar, noch spannender wird es aber bei der Limitierten Edition, auf der ihr das komplette Liveprogramm ungeschnitten einschließlich aller Stand-Ups hören könnt. Viele Hits des 51-jährigen gehen immer noch richtig gut, so darf man sich auf Jazz-, Swing- und Bluesarrangements zu „If You Believe“, „We Can Leave The World Behind“, „I Feel Lonely“ und „This Is My Time“ genauso freuen wie auf „As It Was“ von Harry Styles, „Just Give Me a Reason“ von Pink oder „Regulate“ von Warren G. Im Dezember gibt’s die Revue u.a. in Düsseldorf und Bochum zu sehen. VÖ: 8.9.
The Blackwhitecolorful – Brace for Impact
Das Kölner Quartett The Blackwhitecolorful gibt sich mit dem Kleinen wohl kaum zufrieden. Stattdessen kommt das zweite Album mit großer Geste, großem Sound, in dem ein rockiges Klanggewitter auf klassische Streicher treffen. Ist das Alternative? Doch Metal? Hardcore? Whatever, es matcht. Selbst Synthies sind den Jungs nicht zu schade. Mehr ist eben mehr. Eine Dreiviertelstunde lang wird in Manier a la Linkin Park, Fall Out Boy und 30 Seconds to Mars stimmiger Rock gezaubert, der sich nie ganz festlegen mag. Als Features warten Kotaro Dürr, Tobias Brandt, Emelyn Blanco und Eric Stöcker auf ihre Einsätze. Besonders der Abschluss „Reset to Zero“ zeigt, wofür die apokalpytisch anhauchenden Tracks stehen – das ist Atmosphäre. Wer die leisen Tönen bevorzugt, wird sich bei „Dark“ wohlfühlen, das auf einem Herzschlagbeat aufbaut. Ob Schwarz, Weiß, who cares? Wenn doch alle Farben gehen, dann her damit. VÖ: 8.9.
Still Talk – St Banger
Im Februar ’22 gab es die erste EP der Kölner Band Still Talk. Und die mochten wir schon echt gern. Aber so, wie es sich für einen guten Teaser gehört, gab es da nur ein kleines Leckerchen, um nun mit einem richtig fetten Mahl aufzutischen. Das Debütalbum „St Banger“ serviert das, was der Name verspricht: Banger. Ganz fantastische Hooks mit Energie, berührenden Melodien, ballernden Drums, klirrenden Gitarren und druckvollen Vocals von Sängerin Tanja. Wie soll man das nicht lieben können? Ihr habt Paramore geballert und bekommt direkt Bock, sobald ihr nur an die good old days denkt? Dann öffnet jetzt das Streamingportal eurer Wahl und lauscht dem Hit-auf-Hit-Sampler, der ausnahmsweise von nur einer Truppe kommt. „Move to L.A.“, „Headcheck“, „Talk to Myself“ machen den Eindruck, als seien sie aus irgendeiner Schmiede in Cali hierüber geschippert worden. Emo-Pop-Punk on point. VÖ: 15.9.
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