Musik von hier 3/2023: 9 NRW-Acts mit neuen Sounds

NRW hat einfach eine wirklich spannende und abwechslungsreiche Musikszene, wie auch diese 9 Acts wieder unter Beweis stellen. Foto: Dmitry Demidov / Pexels
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Die Uhr wurde gerade auf Sommerzeit umgestellt, die Sonne zeigt sich die ersten Male für zig Stunden am Himmel – der perfekte Moment, um den passenden Soundtrack zur Untermalung zu entdecken. Hört in unsere 9 Acts aus NRW rein, die für euch neue Musik am Start haben. Genretechnisch springen wir diesmal zwischen Metal, Pop, Soul, Rap, Jazz und gar Klassik hin und her! Viel Spaß beim Entdecken.

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Ketzberg – Immer

Ein wenig wie Laith Al-Deen, nur nicht ganz so soulig – ein wenig wie Tim Bendzko, nur nicht ganz so poppig. Ziemlich genau die Mitte wählt Ketzberg aus Köln, bürgerlich Paul Köninger, der auf seiner 5-Track-EP „Immer“ durchweg top produzierte Songs anbietet. Das hat viel Groove, gut gesungene Kopfstimm-Parts und auch eine Spur 80s-Vibes. Übrigens die bereits zweite EP in nicht einmal einem halben Jahr. Da ist jemand also besonders fleißig. Aber der Mittzwanziger Ketzberg trifft mit seinem Gesamtpaket auch einfach den Nerv der Zeit und hat auf jeden Fall das Potenzial, durch die Decke zu gehen. Hört unbedingt in den Opener „Immer“ rein. „Jetzt ist für immer, scheiß auf Kalender, immer jetzt, kein Immer ohne Jetzt!“ – merkt euch das und schreibt’s auf Toilettenwände im Club.

ORM & eSKay – Wie früher

Gerade einmal zehn Minuten dauert es, bis man die EP von ORM & eSKay durchgehört hat – die sind aber dafür ziemlich gelungen. Sehr oldschooliger Deutsch-Rap, dem man anmerkt, dass sich die Jungs schon mal Anfang der 2000er zusammengetan haben. Glücklicherweise hat man die negativen Seiten wie Sexismus, Frauen- und Queerfeindlichkeit außenvorgelassen und stattdessen einfach vier gute Tracks produziert, die eher politisch und persönlich funktionieren. Die Duisburger erzählen über Schwierigkeiten im Alltag, zeigen sich dabei auch mal sentimental und samplen den einen oder anderen Classic dazwischen. Das macht auf jeden Fall Lust auf mehr. „Wie früher“ hält, was es verspricht. Anspieltipp: Das hookige „Heul leise“.

Ray Lozano – Pairing Mode

Ein komplettes Album in unter 15 Minuten? Zeit ist eben Geld! Aber tatsächlich ist das Konzept von Ray Lozano spannend und außergewöhnlich, denn welche LP lässt sich ansonsten mal eben bei der Bahnfahrt reinziehen? Also! Die 13 Songs sind waschechter, chilliger, souliger R’n’B, der auch Alicia Keys, Joy Denalane oder Janet Jackson gut stehen würde. Ray, die deutsche wie philippinische Wurzeln hat und in Köln lebt, schrieb alle Songs selbst, ist sogar an der Produktion maßgeblich beteiligt. So entsteht eine besonders persönliche Viertelstunde, die wirkt wie ein gut aufeinander abgestimmtes Mixtape. So werden aus 13 einzelnen Teilen ein schickes Gesamtkunstwerk ohne Abbrüche. Endlich sind solche Sounds wieder in… Go on, girl! „Amsterdam Nights“ und „Summer Thing“ sind zum Checken, ob man’s mag, perfekt geeignet.

44Acht – Polaroid

Zwar mag der EP-Titel „Polaroid“ sowie das dazu passende Cover ziemlich Retro wirken, allerdings ist der Sound von 44Acht aus Bochum ziemlich im Hier und Jetzt. Deutsch-Rap mit entspannten Beats und ordentlich Autotune, der zweifelsohne Chartpotenzial hat. Jad, Hmano und Laki sind alle seit eh und je im Ruhrpott daheim und zeigen mit ihren fünf Songs moderne Tracks, die sich schnell im Kopf festsetzen und in den Lyrics gern mal emotionale Momentaufnahmen festhalten. So schlägt sich auch wieder die Brücke zum Polaroid-Foto. Solide produziert, genauso solide gerappt wird das die Zielgruppe auf jeden Fall kriegen. Auch im Musikvideo zur Single „Was hast du mit mir gemacht“ kommt der geliebte Kiez nicht zu kurz, besonders stark ist der Melodiebogen in „Autodach“. Livetermine sind ebenfalls in diesem Jahr fix geplant.

Daevar – Delirious Rites

Doom Metal aus NRW, das gibt’s nicht ganz so oft: Daevar aus Köln sind zu dritt und machen gut scheppernde, ziemlich düstere Töne. Mit ihrer Debüt-EP „Delirious Rites“ strotzen sie dem typischen Spotify-Wahn und gönnen sich bei fünf Tracks gleich 32 Minuten Spielzeit. Frontfrau Pardis schnappt sich neben dem Mikrofon auch den Bass, unterstützt wird sie von Caspar an den Gitarren und Moritz an den Drums.  Die halbe Stunde, bestehend aus auschließlich selbstgeschriebenem Material, ist für Metal-Fans auf jeden Fall ein Genuss und macht keine Kompromisse. Schon im Opening „Slowshine“ wird es schaurig und mitreißend zu gleich, bei „Leviathan“ gibt es mit Jan Oberg sogar einen Duettpartner. Wer nun auf den Geschmack gekommen ist: Im Mai spielt das Trio im Dortmunder Junkyard!

Spacemob – Spacemob

Krautrock, Jazz, Blues, Rock, Funk – warum sich entscheiden, wenn man doch auch alles haben kann? Das scheinen sich auch Spacemob aus Düsseldorf zu denken und machen auf ihrem self-titled Debüt genau diesen wirren, aber auch sehr spannenden Mix aus vielen Genres, die sich im ersten Moment ausschließen, in diesem Projekt aber ein großes Ganzes ergeben. Grenzen werden ausgelotet, sodass bei den sieben Tracks, die auf Namen wie „Gravitationswelle“ oder „Sonntagsspaziergang“ hören, auch in den Songlängen zwischen unter zwei und über 15 (!) Minuten alles möglich erscheint. Die instrumentale und größtenteils improvisierte Platte fordert heraus, wird Liebhaber:innen von experimentellen Sounds super unterhalten und live wahrscheinlich nochmal um einiges besser kommen. Haltet also Ausschau nach den Gigs in der Region!

Fanny – Ice Queen

Dream-Pop mit vielen elektronischen Einflüssen kommt manchmal sogar aus Dortmund: Fanny Kagalowksi, kurz Fanny, kommt aus der Ruhrmetropole und erzeugt auf ihrem Album „Ice Queen“ auf gleich 14 Songs verträumte, mystische und spannungsgeladene Atmosphäre. An den Tracks hat Fanny stets mitgeschrieben, zehn davon hat sie im Laufe der letzten drei Jahre peu a peu veröffentlicht, sodass diejenigen, die sie schon länger verfolgen, einiges kennen dürften. Die Neuentdecker:innen unter euch bekommen an einigen Stellen immer wieder eingängige Passagen geboten, kombiniert mit Beats, die manchmal ganz schöne Haken schlagen („Satisfied“) oder auch mal sich als klassische Pianoballaden entpuppen („Solid Gold“).  Bei „I Like That“ wird es mit Trap-Einstreuungen besonders modern, das könnte man sich auch gut auf TikTok vorstellen.

Marian Kuprat – Corleone

Marian Kuprat is back! Der 32-jährige Essener liefert nach seinem 2021 erschienenen letzten Longplayer die logische Weiterentwicklung: „Corleone“ ist ein ganzes Album voller reduzierter akustischer Nummern, die stimmig Country und Singer/Songwriter kombinieren. Die Atmo ist dabei stets einheitlich gehalten. Marian hört man an den Gitarren, seine Gastmusiker:innen Niklas am Cello, Martin an der Steel-Pedal-Gitarre sowie Sebel am Klavier und an der Hammondorgel. Letzter zeigt sich auch für die Produktion verantwortlich. Alle drei Bandmember haben bereits vor Marian mit zig großen deutschen Acts gespielt. Auf der LP befinden sich einige sehr persönliche Storys, die zum Nachdenken wie zum Schmunzeln anregen. „Besser is nich“ kann man sich in den kommenden ersten Frühlingswochen gut in die Playlist packen.

Roger Morelló Ros – The Voice of Casals

Zum Schluss ein exklusiver Tipp für die Klassiker:innen unter euch: Roger Morelló Ros kommt ursprünglich aus Katalonien, also dem Osten Spaniens, lebt aber seit sieben Jahren in Köln, um hier als Konzertcellist groß gefeiert zu werden. Roger hat sich auf seinem neuen Album intensiv mit dem ebenfalls katalanischen Cellisten Pau Casals auseinandergesetzt. Deswegen heißt das Ergebnis auch „The Voice of Casals“. Ähnlich wie sein Vorbild interpretiert Ros eine Stunde lang 14 große Stücke von Bach, Marais, Cassado und anderen Komponisten, die wichtige Werke für Cello-Soli zauberten. Mit viel Feingefühl und Emotion spielt der sympathische Spanier die Kompositionen noch so unterschiedlicher Epochen. Wer schon bei den Aufnahmen verzückt ist, sollte einen Blick in den Kalender auf der Website werfen – gleich mehrere Konzerttermine in NRW sind zu finden.

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