Musik von hier 6/2023: 9 sommerliche LPs & EPs

Wenn ihr auf regionalen Festivals unterwegs seid, könnte es sein, dass ihr einen der folgenden Acts live seht. Bereitet euch doch direkt schon mal vor und hört vorab rein. Foto: Canva
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Na, seid ihr durch die hohen Temperaturen auch schon weggeschmolzen? Wir haben leider auch darüber keine Gewalt, wenn’s doch etwas zu warm wird – aber immerhin können wir euch neun Bands und Musiker:innen aus NRW vorstellen, die einige heiße Momente durch ihren tollen Sound angenehm abkühlen. Hier kommt euer Soundtrack für die nächsten Wochen, hier kommt Runde 6 von „Musik von hier“ im Jahr 2023:

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Cosmo Klein & The Campers – Soul Fiction

Bestimmt erinnern sich einige von euch noch an die Songs „All I Ever Need“ oder „Das alles ändert nichts daran“. Zwei 2000er-Hits von dem in Lippstadt geborenen Cosmo Klein. Danach wurde dem Pop ein wenig der Rücken zugekehrt – gut so, denn der Soul und Blues, die er danach für sich entdeckte, stehen dem 44-Jährigen um Längen besser. Auf dem fünften Studioalbum und dem ersten seit sechs Jahren gibt es in Kollaboration mit The Campers zehn stark produzierte Titel, die nach klassischem Motown klingen. Besonders die vielen Instrumentalsoli – sei es eine E-Gitarre oder ein Bläserquartett – werden stets schön nach vorn gemischt und ergeben ein richtig starkes Klangbett. Trotzdem gehen gute Melodien nicht unter, sodass man, egal ob bei „Life Back Home“, „Too Funky“ oder „Head“, direkten Zugang findet. Die Stimme von Cosmo ist gereift und klingt besser denn je. Bruno Mars und James Brown folgen Cosmo bei Spotify, haben wir gehört… Bereits veröffentlicht

Heinz Rudolf Kunze – Können vor Lachen

Das 30. (!) Studioalbum von Heinz Rudolf Kunze. Der im Kreis Minden geborene Künstler hat sich nur selten Pausen gegönnt. Mehr als vier Dekaden lang hat der deutsche Songpoet uns etwas mitzuteilen und ist auf den nationalen Bühnen zuhause. Mittlerweile hat er über 500 Songs veröffentlicht. Gibt es da überhaupt noch irgendetwas zu sagen? Oh ja. Gerade einmal anderthalb Jahre nach seinem letzten Werk präsentiert sich der 66-jährige positiv, leichtfüßig, gutgelaunt, aber trotzdem so nachdenklich, wie man es an ihm liebt. Auf „Können vor Lachen“ gibt es 14 klassische Deutsch-Pop-Titel mit viel E-Gitarre und unzählige Metaphern, die es aufzudröseln gilt. Da werden hochaktuelle Themen wie der Ukraine-Krieg angesprochen („Igor“), aber auch schlichte berührende Melodien geliefert („Halt das Herz an“). Wir freuen uns schon, das 40. Album hören zu dürfen. Bereits veröffentlicht

MetzgerButcher – Zwei vor Zwölf

Besser gleich doppelt. Offensichtlich ein Motto der Band, denn ein Metzger allein reicht nicht, es braucht auch noch einen zweiten, einen Butcher. Gleiche Bedeutung, unterschiedliche Sprache, doppelte Ausführung. So besteht die Band MetzgerButcher aus Bonn und Grevenbroich auch gleich aus zwei Brüdern, die bereits fast 30 Jahre gemeinsam bei dem Projekt Wantu & The srie 4’s spielten. Die kreieren nun aber einen neuen Sound, der zum Glück nicht so klingt, als ob Tiere geschlachtet werden – stattdessen geht’s zurück in die 80er. Viel NDW und eine ordentliche Portion Kraftwerk. Post-Punk, Techno, Indie-Pop. Das rund 25 Minuten lange Debütwerk klingt heterogen, treibend und unangepasst. „Scheissegal“ besitzt mit klirrenden Rockwänden die richtige Attitüde für den Festival-Poshpit bei 30 Grad, „Bis in die Nacht“ ist fast schon Dancefloor. Bereits veröffentlicht

Bröselmaschine – Live At Rockpalast

Die Dinos des NRW-Rock’n’Roll: Bröselmaschine wurden 1968 gegründet – ja, das ist wirklich über 50 Jahre her – und zumindest Frontmann und Gitarren-Legende Peter Bursch ist bis heute geblieben. Der eröffnet mit seinen 74 Jahren auch gleich die mitten zu Corona-Zeiten aufgenommene neue Live-LP „Live At Rockpalast“ und klingt immer noch glasklar. Aufgenommen wurde das 10 Tracks umfassende Album auf der Zeche Heinrich-Robert in Hamm – mehr Pott geht also gar nicht. Die Duisburger Band stellt zum wiederholten Male ihr großes Können dar und hat eben einen ganz eigenen Stil irgendwo zwischen folkigem Singer-Songwriter und herausforderndem, künstlerischen Krautrock. Sängerin Stella glänzt besonders in „I’d Rather Go Blind“. Ein fast schon unnatürlich gut klingendes Ergebnis, bei dem man nicht selten überrascht schaut, wenn man sich vor Augen führt, dass das so live aufgenommen wurde. Tipp: Auf der Seite des WDR findet ihr auch Videomaterial zum Konzert. Bereits veröffentlicht

Mouth – Getaway

Wenn allein nur der erste Track mehr als die Hälfte der gesamten Albumlänge ausmacht, sind einem Spotify-Klicks offensichtlich ziemlich latte. Genau diese Attitüde macht den neuen Output des Kölner Trios Mouth aus. 2000 gegründet, sind zwei der drei Mitglieder – nämlich Christian Koller an der Gitarre, dem Keyboard und Gesang sowie Nick Mavridis an den Drums – seit Beginn an dabei. Nur so können wohl Mammutsongs entstehen, die wie das Herzstück der neuen Platte gleich über 22 Minuten andauern. „Getaway“ kommt über weite Strecken ohne Vocals aus und ist für Psychedelic- und Progressive-Rock-Fans genau das Richtige. Ohne sich groß zurückzuhalten brettern die drei Jungs los und ziehen durch. Dabei entstehen in einigen Momenten eingängige Riffs, die man auf der Luftgitarre mitzockt und gleichzeitig voller Inbrunst mitsummt. Neben dem großen Titeltrack macht das auch „Asylum The Sea“ gekonnt vor. Bereits veröffentlicht

Peat – Weich

Ein wahres Klanggewitter prasselt auf euch ein, wenn ihr das neue Album von Peat hört. Der 23-jährige Aachener hat mal wieder weder Kosten noch Mühe gescheut, um alles abzuballern, was sein Kopf an Ideen hergibt. Das Ergebnis ist absolut hörenswert: „Weich“ ist eine LP voller brachialer Sounds, gleichzeitig aber auch berührenden und nachdenklich stimmenden Texten. Peat macht selten Kompromisse und ist stattdessen mal Hyperpop, dann wieder Trap, schließlich aber auch schon fast Metalcore. Das tolle Soundmixing saugt einen direkt rein und spuckt einen erst ganz am Ende wieder aus. Das ist manchmal durch diverse Stimmverzerrer ganz schön furchterregend („Irgendwann wird alles“, „Pervers“), psychotisch und laut wie in „Das wilde Verderben“ oder auch sommerlich hookig („Du“). Aufregend anders und deswegen ein Highlight für den Sommer 2023. Veröffentlichung: 16.6.

Lebsanft – Lebsanft

Alles andere als berechenbar: Jakob Lebsanft wurde in Bochum geboren, hat es aber irgendwann nach Berlin verschlagen. Dort ist er geblieben, aber wie wir ja alle wissen – so ganz kriegt man den Pott nie aus einem heraus. Sein Debütalbum „Lebsanft“ fordert zum Zuhören auf. Der nicht auf Anhieb gefällige Indie-Pop mit Electro-Einflüssen wurde von ihm selbst eingesungen, selbst eingespielt und selbst produziert. Seine untypische Stimme klingt gern mal teilnahmslos, seine Texte beweisen aber, dass eher das Gegenteil der Fall ist. Hier wird sehr genau, empathisch und detailverliebt beschrieben, was in der Gesellschaft schief läuft oder zumindest einen Kommentar benötigt. Zum Beispiel permanente Überansprüche. Also ruhig mal die volle Aufmerksamkeit beanspruchen, wenn „Trotzdem lieb“ oder „Mehr von dir“ bei euch laufen. Schön außergewöhnlich, außergewöhnlich schön. Veröffentlichung: 30.6.

Lyne – Instabil

Lyne bezeichnet ihren Stil selbst als R&Therapy. Souliger R’n’B, der auf sehr persönliche Texte trifft, die dazu dienen, wieder zu sich selbst zu finden. Die Solinger Künstlerin traut sich, in ihren Songs über ihre Boderline-Störung zu berichten. Es geht um toxische Beziehungen, um selbstverletzendes Verhalten, sexualisierte Gewalt. Themen, bei denen man doch das eine oder andere Mal schlucken muss. Musikalisch ist Lyne äußerst zaghaft, klingt ein wenig nach ASMR-Sounds, wie sie durch Billie Eilish groß wurden, stimmlich hingegen mehr nach Joy Denalane. Die EP mit 9 Tracks braucht Zeit und Aufmerksamkeit. Hört in die träumerischen Klangteppiche rein, wenn ihr euch gerade stabil genug dafür führt. Denn Lyne entführt euch in ihre „Instabilen“ Welten. Besonders schön: „Schwarz Weiß“. Veröffentlichung: 28.7.

Kaiser Franz – Alles auf Anfang

Nein, nicht der von der Sissi. Bestimmt hätte es sich gelohnt, den auch mal singen zu hören – dieser Kaiser Franz hier kommt allerdings aus Recklinghausen statt aus Wien. Auf seinem Albumdebüt „Alles auf Anfang“ präsentiert der Musiker sehr klassischen Deutsch-Rock, wie man ihn von Westernhagen, Lindenberg und Maffay kennt. Stets ein wenig rotzig im Vortrag und ein wenig frech in den Lyrics. Eben so, wie es im Rock sein muss. Sebastian Niehoff hat produziert, der auch schon Sachen für Alligatoah machen durfte, Robin Schmidt hingegen gemastert, der das auch schon für Die Ärzte übernommen hat. Bürgerlich heißt der Singer/Songwriter übrigens Franz Ahl und macht bereits seit fast einem Jahrzehnt unter seinem Künstlernamen Musik. Neben einem Kinderchor sind auch Celli auf der LP im Einsatz. 90s-Liebhaber hören am besten in das Retro-artige „Viva“, wer es etwas rauer mag, wird bei „Prinz aus Eis“ fündig. Veröffentlichung: 11.8.

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