Musik von hier 4/2024: Was du im Mai pumpen musst

Im Mai ist Aufbruchstimmung. Rausgehen, Menschen kennenlernen, Natur erleben, Zeugs entdecken - und das Ganze mit den neusten NRW-Tunes unterlegen. Foto: Canva
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Wo ist euer liebster Draußen-in-der-Sonne-Ort? Wir möchten mehr dieser Plätze kennenlernen, also mailt uns doch gern. Im Gegenzug dazu bieten wir euch zehn Releases von Acts aus NRW an, die in den letzten Wochen passiert sind und mal wieder für jedes Öhrchen das passende Genre parathalten. Fairer Tausch, oder? Habt viel Freude dabei.

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Christin Nichols – Rette sich, wer kann

Geboren in Bünde in der Nähe von Bielefeld wuchs die 38-jährige Christin Nichols in Spanien auf. Dass sie früh zum Ballett ging und in einem Kinderzirkus mitwirkte, kommt ihr heute äußerst gelegen. Und ihre ganz schön lange Filmographie, in der Tatort-Folgen vorkommen, aber auch die ziemlich abgefeierte queere ARD-Serie „All You Need“ sowie ihre Synchronsprechrollen. Wer viel kann, darf viel machen. Doch auch musikalisch hat das Multitalent zum wiederholten Male richtig was zu sagen, denn ihr zweites Album „Rette sich, wer kann!“ strotzt nur so vor empowernden Feminismus-Hymnen, die sich zwischen Rock und Electro nicht entscheiden brauchen. Kluge Lyrics, die stets gegen die ätzendsten Idioten den Mittelfinger erheben („Bodycount“) oder selbstironisch davon berichten, in der schnelllebigen Welt nicht mehr hinterherzukommen („Kein Anschluss“). Der Sommersoundtrack für die Gen Y. Bereits veröffentlicht

Schramm – How To Fail At Love

Wo Schramm im Sommer 2022 aufgehört hat, macht er im Frühling 2024 weiter. Fast zwei Jahre nach seiner letzten EP hat der Mittzwanziger aus Wuppertal sieben neue Tracks am Start, die nahtlos an den Vorgänger ansetzen, aber dennoch eine Weiterentwicklung darstellen. Auf „How To Fail At Love“ gibt es wieder poppigen 80s-New-Wave mit darker Note, der trotz Melancholie nie die Motivation zum Dancen vergisst. Das ist so herrlich schwerleicht. Oder leichtschwer, ihr entscheidet. So oder so tänzelt der Musiker zwischen der deutschen und englischen Sprache hin und her, hat mit dem Opener „Fail at Love“ gleich den passenden Drive heraus, der stets mit Überraschungssounds Auflockerung findet, und bei „Summerrain“ kaum schöner an The Cure erinnern kann. Die modernste, spaßige Art, retro zu klingen. Bereits veröffentlicht

ORnella Mikwasa – Blühende Esche

Afro-Beats auf Deutsch – wie oft gibt’s das? Genau deswegen. Für die Idee allein gibt’s für ORnella Mikwasa aus Dortmund schon mal volle Punktzahl. Die Künstlerin hat ihr eigenes Label und weiß genau, worauf sie Bock hat. Zum Beispiel hin und wieder auf fünf Sprachen zu singen, dann an manchen Tagen aber lieber zu schauspielern. ORnella hat Wurzeln im Kongo, ist aber schon als Kleinkind im Ruhrgebiet aufgewachsen. Trotzdem klingen ihre Songs auf ihrer neuesten EP „Blühende Esche“ – das ist nämlich die deutsche Übersetzung für ihren Namen – alles andere als nach verrauchter Großstadt, sondern machen richtig sommerlichen Afrika-Vibe. Sie singt über erfrischende Drinks („Tequila Sunrise“), süße und schmackhafte Menschen („Mango“) und lässt ihren vollen Sound bei emotionalen Danksagungen an „Mutter Natur“ aufblühen. Bereits veröffentlicht

Mohn – Pergola

Drei Jahre lang haben Julian Pache aus Münster, den einige von euch womöglich als Gitarristen bei anorak kennen, und Philipp Kind aus Stuttgart zusammen gewerkelt. 2021 gründeten sie das Duo Mohn. Nun folgt die erste EP, die vier Songs und 20 Minuten Musik umfasst. Die klingen wärmend, aber auch schwermütig. Depressiv, aber nicht hoffnunglos. Das ist wie Radiohead auf Deutsch mit mehr Drive. Auch Assoziationen zu Blumfeld oder Kettcar kommen schnell auf. Schön sind die treibenden Riffs wie in „Zweite Ordnung“ oder das sehnsuchtsvolle „Haut“. Textlich geht man direkt ans Mark und stellt essenzielle Fragen an den Sinn des Lebens. Warum auch tief stapeln? Keine Zeit also für Smalltalk, stattdessen fühlt man sich bei Mohn getriggert wie verstanden. Und: Kompliment fürs viel zu schöne Cover. Bereits veröffentlicht

Broilers – Jolly Good Fellas: Best of Broilers 1994-2024

30 Jahre eine Band, da darf auch gern mal ein wenig mehr Altbier fließen. Die Broilers aus Düsseldorf haben klein angefangen und gehören mittlerweile wohl neben Die Toten Hosen und Die Ärzte zu den absoluten Übergrößen der deutschen Punkrock-Szene. Die Band, die den mitreißenden Stil aus Ska, Oi! und Rock hier geprägt hat wie kaum jemand anderes, ballert ihre erste Werkschau raus. Auf „Jolly Good Fellas“ gibt es 22 Songs, wovon sehr viele schon längst zu legendären Hits wurden. Die zweite Hälfte entstand zwischen 2011 und heute, der besonders erfolgreichen Zeit des Quintetts. Bei den ersten zehn Tracks hat man aber ganz im Sinne eines runden Geburtstages Nostalgie walten lassen und beliebte Evergreens aus der Anfangszeit in neue Gewänder gepackt, darunter „Paul der Hooligan“, „Ich sah kein Licht“, „Zurück zum Beton“, „In 80 Tagen um die Welt“ and many more. Wer Frontmann Sammy übrigens mal anders erleben will, kann aktuell bei „Sing meinen Song“ einschalten. Bereits veröffentlicht

Kill24Me – Beautfiul Lies

Offiziell mögen Gitarrist, Bassist und Sänger Chris sowie Drummer Micha der Band Kill24Me – gesprochen: Kill too for me – aus Dorsten kommen, sie klingen aber eher wie aus den Staaten und haben eindeutig was von Metallica. Sie selbst beschreiben ihre Sound als „die deutsche Antwort auf Machine Gun Kelly und Travis Barker in härter“, so geht es natürlich auch. Wie man es auch drehen und wenden mag, ist die erste EP des Duos aus dem Ruhrgebiet 15 Minuten klassischer Metal, der als Topping Grunge und Punkrock wählt. Die fünf Songs, die in knackigen 15 Minuten daherkommen, sind straight, nicht zu sperrig, nicht zu verkopft, sondern eine geile Hommage an die 90er-Hochphase der Genres. „Beautfiul Lies“ wurde an einem Wochenende in Wuppertal aufgenommen, ebenso das Video mit Impressionen aus dem Studio. Das ist DIY, klingt aber trotzdem äußerst schick und voll. Zum Reinkommen sind „It’s Time To Break Some Rules“ sowie „Someday“ genau richtig. Bereits veröffentlicht

Mir zur Feier – Nachtwächter

Wer vertont heute noch Rainer Maria Rilke? Mir zur Feier, die tun das. Und zwar aus vollster Überzeugung. Schon das Debütwerk machte im Winter 2019 auf sich aufmerksam und brachte der Band rund um Frontfrau Mara Bach viel Lob ein. Für den Nachfolger hat man sich ordentlich Zeit gelassen, nämlich viereinhalb Jahre. Endlich können Fans „Nachtwächter“ hören, das zehn Songs inklusive Pro- und Epilog umfasst und kompromisslos durchzieht. Die Songs verbreiten lyrisch die typisch düstere, morbide wie schöne Stimmung Rilkes, verpackt wird das ganze in melodischen Deathmetal mit viel Stimmakrobatik. Da wird gekrächzt, geschrieen, dann wieder sanft gesungen. Das Bielefelder Trio zeigt, dass es solchen Sound eben nicht nur aus Finnland gibt, sondern direkt aus der NRW-Nachbarschaft. Am 31.5. gibt es in der Heimat der Band einen Gig, um das Album zu feiern. Bereits veröffentlicht

Lary – Stereo Noir

Lary, geboren in Gelsenkirchen, lebend in Berlin und Paris, ist eine der Künstlerinnen, bei denen man erstmal vielleicht intuitiv sagen würde, dass man sie nicht kennt, man sie allerdings auf jeden Fall kennt. Als Feature beim MoTrip-Überhit „So wie du bist“ hat man ihre Stimme sofort im Ohr. Doch auch mit Größen wie Lena, Namika und Jan Delay hat sie bereits Songs zusammengemacht. Ihr drittes Album „Stereo Noir“ ist das erste nach sechs Jahren Solopause – und in der Zeit muss einfach so viel kreativer Input in die fast 38-jährige geströmt sein, dass nun wirklich hervorragender Output entstanden ist. Das 13 Tracks umfassende Werk hat eigentlich nur gute bis sehr gute Titel, die thematisch zum Schmunzeln und Nachdenken anregen oder musikalisch fesseln. Oder mehrfach auch beides gleichzeitig. Die unglaubliche coole Lana-del-Rey-Hommage „Junge“ ist schon jetzt ein Anwärter für das Best of zum Jahresende, das wundervolle Duett „Sinn“ mit Patrice, aber auch der Ebow-Support in „Krieger“ sind ein kongenialer Soul-Rap-Trap-Mix. Klickt direkt beim ersten Durchlauf auf Repeat. Bereits veröffentlicht

Annelu – Wild Dreams

Vielleicht erinnert ihr euch noch an Annelu? Die haben wir euch bereits vor exakt zwei Jahren vorgestellt, als sie mit ihrem Coming-of-Age-Debüt „sth. to feel“ trotz Mittzwanzigerin herrlich angenehm überrascht hat. Nun, im Frühjahr 2024, gelingt der Wahl-Kölnerin mit Wurzeln in Bayern das Ganze erneut. Die EP „Wild Dreams“ hat viermal wunderbar leichte Kost für Tage, an denen man die Augen schließt und ganz tief einatmet, weil sich das Leben gerade so herrlich gut anfühlt. Und weil solche Momente gern auch mal länger anhalten dürfen, dreht sich auch der Titeltrack mit fast sechs Minuten länger im Player und unterstreicht Wind im Haar und Capri in der Hand mit schwungvollen Singer/Songwriter-Pop-Riffen. Auch „Backyard“ hat eine gewisse Frische, die ein wenig an The Corrs erinnert. Hätte man damals genau so in „Dawson’s Creek“ spielen können. VÖ: 17.5. 

Cat & Mauss – Tales From The Desert, Tales From The Sea

Katz und Maus? Das verspricht doch eher ein böses Spiel mit mindestens einem:r Verlierer:in, oder? Nicht in dem Fall von Cat & Mauss, denn die beiden haben sich vor vier Jahren gefunden und verliebt. Romana Lezaic und der in Düsseldorf schon längst bekannte Torsten Mauss trafen sich in einer Bar beim Konzert eines befreundeten Musikers und es funkte. Nun folgt mit „Tales From The Desert, Tales From The Sea“ das Ergebnis aus Zusammenfinden auf menschlicher wie auf musikalischer Ebene. Romana hat Wurzeln in Kroatien, Torsten in New York. Ihre gemeinsame Musik hat etwas Verträumtes, Düsteres, Sehnsüchtiges. Die Vorabsingle „Sinking Deeper“ fasst den Sound, der aus vielen akustischen wie mechanischen Waben zusammengebaut wird, gut zusammen, hat etwas Country-esques, aber auch eine Spur New Wave und Krautrock. Das mag Liebhaber:innen der letzten Lana-del-Rey-Platten sehr begeistern. Anspieltipp das mexikanisch-verspielte „The Lioness and the Serpent“. VÖ: 24.5.

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