Musical-Star Mark Seibert im Interview

Bei "This is the greatest Show!" werden auch Songs aus dem Musikfilm "Greatest Showman" aufgegriffen. Foto: Markus Werner
Teilen
Teilen

„This is the greatest Show!“ geht ab April auf Tour – und zelebriert die schönsten Musikfilme aller Zeiten.  Sandra Heick hat mit Mark Seibert, einem der Stars der Musical-Show, über das Format, über eine aus den Fugen geratene Welt und über Träume gesprochen.

Inhaltsverzeichnis [verbergen]

Keine leichte Zeit für Musical-Darsteller:innen

Als wir uns am 13. März 2020 zuletzt unterhielten, Mark, da warst du mit Blick auf die Pandemie sorgenvoll, sagtest aber auch: „Es ist nicht so, dass wir alle das Gefühl haben, uns kollektiv aus dem zehnten Stock werfen zu müssen“. Wie ging es auf emotionaler Ebene weiter?

Damals hatte das Virus uns erreicht und wir mussten „This is the greatest Show!“ auf Eis legen. Hätten wir damals in Düsseldorf gewusst, dass die Pandemie uns so lange begleiten wird: Wir hätten uns maßlos betrunken und völlig den Mut verloren – und uns wahrscheinlich für einen anderen Beruf entschieden. Aber: Wir stehen immer noch da. Als Künstler. Ich habe den Vorteil, dass ich jemand bin, der stets versucht, andere Wege zu finden, wenn ein Weg versperrt ist. Ich stehe selten vor einer Wand und denke: Jetzt geht’s nicht weiter. Ich lass mich nicht so schnell runterziehen, komme mir selten paralysiert vor. Das hat mir geholfen. Prinzipiell fühle ich mich auf der Sonnenseite zu Hause und weiß, dass ich oft Glück habe.

Es ist ja auch so, dass ich in einer guten Position war, als die Pandemie uns überrollte. Wäre sie vor 20 Jahren da gewesen, als ich am Anfang meiner Karriere stand, dann hätte ich viele Optionen wie Streaming-Konzerte nicht gehabt. Da verdanke ich auch viel meinen Fans, die meinen Weg mit mir gegangen sind. Was mich am meisten belastet hat, war wohl die fehlende Planbarkeit. Meine Frau Sabrina und ich haben vor der Pandemie Stunden damit verbracht, Pläne zu erstellen, was uns wahnsinnig viel Energie gekostet hat – und diese Pläne lagen plötzlich im Mülleimer. Alles kam komplett anders. Das musst du erstmal verarbeiten. Ich habe mich dann viel in die Natur geflüchtet, da konnte ich mich richtig gut aufladen.

Freuen sich, dass sie wieder vor Publikum auftreten dürfen: Mark Seibert und seine Musical-Kolleg:innen aus „This is the greatest Show!“, Foto: Julian von Schumann

Musical-Star Mark Seibert spricht über die Geburt seines Sohns

Papa zu werden hat wahrscheinlich dabei geholfen, nicht zu verzweifeln, oder?

Auf jeden Fall. Wir konnten die Schwangerschaft gemeinsam erleben, Sabrina und ich. Das hätte ganz anders ausgeschaut, wenn Corona nicht gewesen wäre. Als 2021 wieder vieles loszugehen schien, sah es zwischenzeitlich so aus, dass ich nicht mal bei der Geburt dabei sein kann. Uns war von Anfang an klar, dass unser Kind in der Schweiz auf die Welt kommt – und ich hatte ein Engagement in Fulda. Und wenn man eine Sache nicht planen kann, dann, wann ein Kind zur Welt kommt. Dass ich dann coronabedingt doch nicht „Robin Hood“ spielen konnte, war eine große Enttäuschung – und etwas Gutes. Zuvor hatte ich die schlimmsten Szenarien im Kopf, hatte mich schon mit 180 von Fulda nach Luzern donnern sehen…

Mein Sohn hat mir dann auch geholfen, in der Pandemie den Blick aufs Wesentliche zu lenken. Das Wesentliche sind keine Konzerte, keine Premieren, so erfüllend sie auch sind – es sind Gesundheit und die Menschen, die man liebt. Mit Blick auf die Gesundheit waren da aber natürlich auch viele Sorgen. Viele unserer Freunde haben Sabrina nie schwanger gesehen, was total schade ist. Aber wir haben uns einfach Sorgen gemacht. Und meine Eltern, die haben Wochen später als geplant von der Schwangerschaft erfahren, weil wir sie nicht besuchen konnten und es ihnen nicht via Handy erzählen wollten.

Musicalprojekt von Jan Böhmermann

Ein spannendes Musicalprojekt 2021 war „Der Eierwurf von Halle“: Ein TV-Musical aus dem Herzen von Jan Böhmermann, das einen kleinen Moment aus dem Leben Helmut Kohls groß erzählt. Wer ist denn der größere Musicalfan: Jan Böhmermann oder du?

Ich glaube, Jan Böhmermann, ehrlich gesagt. (lacht) Mein Hunger nach Musical wird schließlich seit 20 Jahren immer wieder gestillt, während er sein Zuhause woanders hat. Es war auf jeden Fall ein ganz tolles Projekt. Anfangs war ich sehr skeptisch. Ich kenne und schätze Jan Böhmermann, ich finde ihn gut – aber ich war mir nicht hundertprozentig sicher, was mich erwartet. Ich weiß bis heute nicht, wie seine Redaktion auf mich gestoßen ist. Vielleicht hat sie’s ganz klassisch über Google gelöst und ist, warum auch immer, bei mir hängen geblieben.

Jedenfalls flatterte eines Tages dieses Angebot rein und ich dachte mir: Ok. Lustig. Aber auf Kosten von wem? Ich musste erstmal abchecken: Verarschen die das Musical-Genre? Das hätte ich nur bis zu einem gewissen Grad mitmachen können. Hätte ich es so richtig durch den Kakao ziehen sollen – damit hätte ich schon meine Schwierigkeiten gehabt. Ich musste also erst schauen: Fühle ich mich zu Hause? Mache ich mir Feinde? Es war ein Annäherungsprozess – aber man nahm mir meine Bedenken und je mehr ich in das Projekt eintauchte, desto überzeugter war ich.

Und die Resonanz war erfreulich, oder?

Sie war besser, als ich dachte. Im Studio hatte sich vieles noch sehr roh angefühlt, aber das aufpolierte Produkt, es glänzte.

Werden weitere Fernsehprojekte folgen?

Grundsätzlich bin ich schon sehr happy im Live-Theater, der Atmosphäre, der Magie und der direkten Publikumsresonanz wegen. Es braucht Fantasie, um in der Rohversion einer Filmszene am Set das Endprodukt zu sehen. Wahrscheinlich würde ich oft vom Set gehen und mich fragen: War das jetzt gut oder war das jetzt nicht gut, was ich abgeliefert habe? Aber vermutlich entwickelt man mit der Zeit ein Gefühl dafür. Und ich muss schon zugeben: Sich auf einem Bildschirm zu sehen, in tollem Licht – das hat auch seine Magie.

Übernimmt Mark Seibert eine Transgenderrolle in einem Musical?

Im Eierwurf-Musical mimst du einen schwulen Personenschützer. 2021 war auch ein Projekt angedacht, bei dem du eine Transgenderrolle übernehmen wolltest. Corona machte dir aber einen Strich durch die Rechnung. Verrätst du, mit welchem Stück du da liebäugeltest?

Ich wollte „Ein wenig Farbe“ spielen. Das ist ein sehr, sehr schönes Stück, und vielleicht erlaubt mein Terminkalender mir irgendwann ja noch einmal, es einzuplanen. Es wäre auf jeden Fall eine künstlerische Herausforderung, und ich mag es, an Rollen zu wachsen.

Das Stück dreht sich darum, seinem wahren Ich Raum zu geben. Du sagtest mal, dass dein wahres Ich tiefgründiger ist, als viele auf den ersten Blick denken…

Der Mensch sieht die Oberfläche und glaubt oft, den anderen einschätzen zu können. Wer Konzerte von mir besucht, die einen privaten Austausch ermöglichen, weiß aber, glaube ich, schon, wie viel ich reflektiere und übers Leben nachgrüble – manchmal sogar zu viel.

„This is the greatest Show!“ als Hommage an die größten Musicalfilme

Auch in „Greatest Showman“ geht’s um den Blick unter die Oberfläche. „This is the greatest Show!“ zelebriert Songs aus dem Musikfilm, aus anderen Werken wie „Bohemian Rhapsody“ und „A Star is born“ – und aus Klassikern des Genres wie „Bodyguard“ oder „Dirty Dancing“.  Worauf freust du dich am meisten?

Ich freu mich auf jeden Fall aufs „A star is born“-Duett mit Roberta Valentini. Bei der Premiere damals in Düsseldorf haben wir „Shallow“ pur, ohne viel Tamtam performt – das war schön. Und ich freue mich, durch den Abend führen zu dürfen. Das wird spannend.

Mark Seibert und Roberta Valentini singen „Shallow“. Foto: Julian von Schumann

Magst du den Film, der eurer Show ihren Namen gegeben hat?

Ich find die Story etwas vorhersehbar, aber er hat auf jeden Fall einen Nerv getroffen: Wir können alle glänzen, egal, wer und wie wir sind. Und: Die Musik ist toll.

Mark Seibert: „Ich wünsche mir, dass ich noch lange auf Bühnen stehen kann.“

Ein Song aus dem Film, den viele lieben, ist „A million Dreams“. Wovon träumst du heute, an einem Punkt im Leben, an dem du dir schon viele große Träume erfüllt hast?

Ich liebe meinen Beruf, er erfüllt mich und ich definiere mich stark durch ihn – sonst würde ich ihn nicht in der intensiven Form machen, in der ich ihn mache. Was ich mir wünsche ist, dass es so bleibt. Dass ich noch lange auf Bühnen stehen kann. Ansonsten träume ich davon, familiär mehr anzukommen. Ich habe jahrelang ein umtriebiges Leben geführt – aber jetzt ist da mein Sohn. Da sind plötzlich ganz neue Herausforderungen und du kommst an Grenzen. Du musst schauen, wohin du den Kleinen mitnehmen kannst und wohin nicht.

„This is the greatest Show!“ macht an sechs Terminen Halt in NRW, Foto: Markus Werner

Und der Mark vor 20 Jahren – wovon hat der geträumt?

Hätte dem jemand gesagt, dass er mit über 40 so ein Leben führen wird, wie ich es führe, beruflich gesehen – er hätte es nicht geglaubt. Sowas habe ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht erträumt. Man gewöhnt sich an vieles – aber es ist auch wichtig, immer wieder dankbar zu sein. Ich kann mich noch dran erinnern: Ich habe am Anfang der Musicalausbildung „Tanz der Vampire“ in Stuttgart gesehen und hätte niemals auch nur auf Graf Krolock geschielt. Ich habe damals eher auf den geschielt, der einen halben Satz sagen darf, und mir gedacht: Es wäre ein Traum, eines Tages der fünfte Vampir hinten von links zu sein! Und wenn du dann zum Vampirgrafen wirst – das ist schon toll.

Mark Seibert über eine Welt, die aus den Fugen geraten ist

„We can live in a world that we design“, heißt es in einem „Greatest Showman“-Song. Wie sähe deine Welt aus, die du designst?

Die reale Welt ist aus den Fugen geraten. Da ist Corona, da ist der Klimawandel, da erklärt Putin der Ukraine den Krieg. Wenn du ein Kind bekommst, verändert sich etwas. Du siehst die Welt mit anderen Augen, schaust viel weiter in die Zukunft. Und du wünschst dir eine Zukunft, die vor allem eins ist: friedlich.

In meiner kleinen Mark-Welt würde ich mir mehr Achtsamkeit wünschen. Ich weiß, wie gut es mir geht und wie privilegiert ich bin – aber ich fühle es viel zu wenig. Ich muss mich nicht fragen, ob ich morgen noch was zu essen habe. Ob ich morgen noch ein Dach über dem Kopf habe. Ob ich morgen weiterhin in Freiheit leben darf, ob ich den Beruf ergreifen darf, der mir Spaß macht – all das muss ich mich nicht fragen, denn ich habe es. Ein großes Geschenk.

Mein Kopf sagt: „Mark, du bist echt ein Glückspilz!“ Ich müsste jeden Morgen mit einem breiten Grinsen aufwachen – aber ich tue es nicht. Also arbeite ich daran, ein bisschen mehr innezuhalten und auch mal einen Gang runterzuschalten und den Moment zu genießen. Getrieben sein bringt einem viel im Leben, aber den ehrgeizigen Mark mal kurz auszuschalten – das kann ja nicht schaden.

Geplante Termine für „This is the greatest Show!“ in NRW

09.04.2022 Aachen, Eurogress

28.04.2022 Köln, Palladium

29.04.2022 Halle/Westfalen, OWL EVENT Center

20. und 21.05.2022 Düsseldorf, Capitol Theater

22.05.2022 Oberhausen, Rudolf-Weber-Arena

Hier gibt’s die Tickets für die Musical-Show

www.semmel.de

Weitere Informationen

www.musical-hits.de

Anzeige
Anzeige

Beste Events, Trends und Reportagen für die Rhein-Ruhr-Region

Inhaltsverzeichnis
Home