Mindful Listening: Meditation meets Klassik

Nicolas Namoradze ist nicht nur Pianist, sondern auch Initiator des "Mindful Listenings". Foto: Björn Woll
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„Der Weg zum achtsamen Zuhören“ nennt Nicolas Namoradze, Pianist, Neuropsychologe und Mastermind hinter diesem besonderen Abend, sein Konzept des „Mindful Listening“. Wir haben uns am Sonntag, den 29.10. diesem besonderen Ohrenschmaus gegönnt  – und dabei spannende Erfahrungen gemacht.

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Mindful Listening: Klassik, Kuschelsocken und Yoga-Matten

Meditation und Achtsamkeit – das kennen wir. Was uns aber genau erwartet, als wir Sonntagsabends im Konzerthaus Dortmund stehen, das wissen wir nicht. Die Idee aber, die Nicolas Namoradze hat, gefällt uns. Musik und Meditation ist eine Verbindung, die sich wie Topf und Deckel anfühlt. Spätestens als wir den Konzertsaal betreten wird uns klar, dass das hier kein Konzert im üblichen Rahmen ist. Die Leute liegen auf Yogamatten oder lümmeln in gemütlichen Sitzsäcken, die man nah am Klavier mitten auf der Bühne positioniert hat. In den Sitzreihen drum herum muckeln sich die Menschen in Decken, statt poliertem Schuhwerk springen einem bunte Socken ins Auge. Hier geht es ganz offensichtlich nicht darum, was darzustellen, sondern sich mit sich selbst wohlzufühlen.

Die gemütliche Atmosphäre ist Teil der „Mindful Listening“-Magie. Foto: Mareike Hanke

Mit Musik in die Meditation

Ein eleganter schwarzer Flügel ist das Zentrum des Events. In unserem Programm stehen vier Titel: Johann Sebastian Bach Französische Suite Nr. 1 D-Dur BWV 812 aus Französische Suiten BWV 812 – 817 (Auszüge), Erik Satie »Gymnopédie« Nr. 1, György Ligeti Étude Nr. 11 (»En suspens«), Sergej Rachmaninow Adagio aus Sinfonie Nr. 2 e-moll op. 27 (Fassung für Klavier von Nicolas Namoradze). Hochkultur trifft auf Yoga-Studio. Uns gefällt die Atmosphäre im Saal auf Anhieb.

Als Nicolas Namoradze auf die Bühne kommt, spielt er kurz und einladend auf dem Klavier, bevor er sich an die Zuhörer:innen wendet. Der Abend wird sich mit unterschiedlichen Meditationstechniken befassen. Wir sollen die Augen schließen. Gemeinsam machen wir einen Body-Scan. Trotz ekstatischer Huster aus dem Publikum bleibt Namoradze gelassen, seine ruhige Stimme stolpert nicht, wird weder lauter noch leiser, sondern ist wie ein verlässlicher Strom, der einen einfängt und mitnimmt.

Dann spielt der Pianist das erste Stück. Es ist langsam und plätschernd – es erdet. Im Körper fühlt man die Anspannungen des Tages rappeln und zuppeln. In einem Konzert nicht hinzusehen, ist eine fremde Erfahrung, aber auch sehr schön. In dem Moment sind da nur wir und die Musik. Jeder Klang klopft sanft auf uns ein. Als das erste Stück vorbei ist, folgt kein Applaus. Darum hat Namoradze gebeten. Also erfüllt entspannte Stille den Konzertsaal.

Im Verlauf des Abends folgen neue Schwerpunkte der Meditation. Die Klavierstücke werden dynamischer, hurtiger und sind so fabelhaft vorgetragen, dass mancher zwischendurch einfach mal linsen muss. Sind das wirklich nur zwei Hände, die so viel Musik erzeugen?

Vorwissen ist in Sachen Meditation und Achtsamkeit ist bei „Mindful Listening“ nicht notwendig. Foto: Björn Woll

Eine Auszeit mit Lerneffekt

Mittlerweile fühlt sich der Körper ruhig an. Die Spannungen sind weg. Seine Gedanken auf das Hier und Jetzt und nur die Musik zu richten, ist aber erstaunlich schwer. Doch wir sollen das nicht bewerten, so Nicolas Namoradze. Einfach wieder zurück auf die Musik besinnen. Und dann passiert es erschreckend schnell, dass das letzte Lied gespielt wird. Wo sind die fast eineinhalb Stunden hin?

Es ist eine neue Seite, sich selbst und Musik zu erleben. Und zwar nicht Musik aus dem Knopf im Ohr, sondern lebendige, sterbliche Klänge, die direkt vom Flügel auf einen prallen. Der Abend ist nicht nur ein Erlebnis für Fans von Meditation und Achtsamkeit. Mindful Listening ist eine Auszeit. Nicht reden. Nicht denken. Einfach atmen und loslassen. Und dabei einiges über sich lernen.

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