Am 11.5. entscheidet sich, welche Nation dieses Mal den Sieg holt, denn dann findet zum 68. Mal das große Finale des Eurovision Song Contest statt. 2024 geht es nach Schweden, besser gesagt nach Malmö. Im vergangenen Jahr holte Loreen für das skandinavische Land den Sieg, und das schaffte sie nach 2012 bereits zum zweiten Mal. Schweden zieht mit sieben Siegen beim ESC nun mit Irland gleich. Deutschland hat bisher zweimal die Trophäe mit nach Hause nehmen dürfen.
Wir stellen euch 15 wichtige deutsche Beiträge aus der Historie vor – Kurioses, Beeindruckendes, Berührendes. Damit ihr beim Gucken mit euren Freund:innen auch ein wenig Angeberwissen droppen könnt. On top gibt’s natürlich auch den diesjährigen Kandidaten. Also seid ready, wenn es wieder heißt: „Good evening, Europe – and good morning, Australia“.
2024: Isaak – Always on the Run
Wir starten mit Isaak, der 2024 für Deutschland ins Rennen geht und nach zwei letzten Plätzen in Folge hoffentlich mehr Glück hat. Sein Song „Always on the Run“ hat im Februar bei der deutschen Vorentscheidung die Gemüter erhitzt, war er nämlich bei Weitem nicht der vorab diskutierte Fanliebling – national wie international. Isaak Guderian ist in Minden geboren, 29 Jahre jung, zweifacher Papa und war jahrelang als Straßenmusiker unterwegs. Einige kennen ihn womöglich auch von seiner Teilnahme bei der Castingshow X Factor. Seine stärksten Waffen sind seine Bodenständigkeit sowie seine ziemlich powervolle Stimme. Der Song ist eher netter Radio-Pop-Rock. Ob der Plan mit einem besseren Platz aufgeht, erfahren wir in der Nacht vom 11. auf den 12.5. vermutlich gegen 0:30 Uhr.
1982: Nicole – Ein bißchen Frieden, 1. Platz
Am 24.4.1982, also vor ziemlich genau 42 Jahren, durfte Nicole Hohloch aus Saarbrücken, damals 17 Jahre jung und Gymnasiastin, als 18. und letzte Teilnehmerin beim ESC im nordenglischen Harrogate vorsingen. Am Ende siegt sie mit „Ein bißchen Frieden“, komponiert von Ralph Siegel und getextet von Bernd Meinunger, mit 161 Punkten als Erste für Deutschland – 61 Punkte mehr als Platz 2, ein schlichtweg gigantischer Abstand und mit über 78% der möglichen Punkten eines der eindeutigsten Ergebnisse aller Zeiten. Noch heute spielt die Schlager- und Chansonsängerin vor ausverkauften Hallen, hat gerade erst erfolgreich den Brustkrebs hinter sich gelassen und gilt als eine der beliebtesten deutschen Künstlerinnen.
2010: Lena – Satellite, 1. Platz
28 Jahre nach Nicole schafft es erneut eine junge Gymnasiastin. Die gerade 19 gewordene Lena Meyer-Landrut aus Hannover trifft mit ihrem coolen, lockeren, verschmitzten Understatement einen Nerv. Ihr Song „Satellite“ setzt sich unglaublich schnell im Ohr fest – und Deutschland gewinnt zum zweiten Mal den größten Musikwettbewerb der Welt, diesmal im norwegischen Oslo. Sie ging aus dem deutschen Vorentscheid „Unser Star für Oslo“ hervor, produziert und konzipiert von Stefan Raab. Auch Lena schafft mit 246 Punkten und 76 Punkten Abstand zum Zweitplatzierten einen klaren Sieg. Im kommenden Juni ist sie auf Deutschland-Tour. Ralph Siegel betont übrigens bis heute, dass „Satellite“ von einer Amerikanerin und einem Dänen komponiert wurde, und er eigentlich der einzig wahre deutsche Gewinner bleibt. Geben wir ihm.
1956: Walter Andreas Schwarz – Im Wartesaal zum großen Glück, unbekannte Platzierung
1956 war die allererste Ausgabe des Eurovision Song Contest. Eine Nachkriegsidee, um Europa näher zusammenzurücken und sich gegenseitig auf musikalisch-unterhaltsamem Wege kennenzulernen. An einen Erfolg hat zunächst niemand wirklich geglaubt, sodass leider die Videoaufzeichnung nicht den Weg ins Archiv fand. Sad. Sieben Länder haben es in der ersten Edition probiert, darunter auch Deutschland, das bis heute das Land mit den meisten Teilnahmen ist, nämlich 68.
Jedes Land durfte zweimal ran. Zwar ist der Interpret, der den zweiten Song für uns singen durfte, um Längen bekannter – nämlich Freddy Quinn – aber Walter Andreas Schwarz war mit diesem doch recht philosophischen Beitrag der erste Vertreter für Deutschland. Welchen Platz er gemacht hat, weiß man jedoch nicht, da ausschließlich das Siegerland, nämlich die Schweiz, verkündet wurde.
1962: Conny Froboess – Zwei kleine Italiener, 6. Platz
„Zwei kleine Italiener“ von Conny Froboess, die vergangenen Oktober 80 wurde, war beim ESC 1962 in Luxemburg zwar nur solide erfolgreich und schaffte bei 16 Teilnehmenden einen 6. Platz, allerdings war es der erste deutsche Beitrag, der zu einem internationalen Hit wurde. Er gilt bis heute als der bekannteste deutsche Beitrag aus jenem Jahrzehnt. Thematisch ging es erstmalig in einem deutschen Song um Gastarbeit. Fun Fact: Aus Italien gab es null Punkte für uns. Den Song gibt es in mehreren Sprachen, wobei manche Übersetzungen lyrisch komplett andere Schwerpunkte legen.
1970: Katja Ebstein – Wunder gibt es immer wieder, 3. Platz
1970 schafft es Deutschland zum ersten Mal aufs Siegertreppchen. Katja Ebstein ist damals 25, „Wunder gibt es immer wieder“ ein wahrer Evergreen der deutschen Musikgeschichte. Sie wiederholt das Erfolgskunststück im Jahr darauf und wird mit „Diese Welt“ wieder Dritte, 1980 mit „Theater“ sogar Zweite. Das macht sie bis heute zur insgesamt erfolgreichsten deutschen Teilnehmenden. Zu entscheiden, welcher ihrer drei Beiträge der beste ist, muss man wahrscheinlich eine Münze werfen. Hinter „Wunder gibt es immer wieder“ steckt übrigens derselbe Komponist wie hinter „Zwei kleine Italiener“.
1994: Mekado – Wir geben ’ne Party, 3. Platz
Es gibt nicht viele deutsche ESC-Beiträge, die noch heute von der internationalen Fan-Bubble gefeiert werden. Doch das enorm catchige „Wir geben ’ne Party“ von Mekado – der Name setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Sängerinnen zusammen, am bekanntesten von ihnen ist die Weiße-Mützenträgerin Dorkas Kiefer – wird noch heute als der geheime Gewinner des Jahres ’94 gehandelt. Schlager trifft auf das damals super erfolgreiche Genre Eurodance. Idee für eure anstehende ESC-Party im Mai: Lernt die iconic Choreo auswendig, das hat bisher jede:n beeindruckt.
1985: Wind – Für alle, 2. Platz
„Laß die Sonne in dein Herz“ ist der wahrscheinlich bekanntere Titel von Wind. Er schaffte 1987 den zweiten Platz beim ESC, aber schon zwei Jahre zuvor wurde die Band ebenfalls mit der Silbermedaille ausgezeichnet. 1985 ist „Für alle“ der deutsche Beitrag und ein immer gern gesehener Song auf diversen Playlists. 1992 spielte die Band ein drittes Mal im Finale mit, schaffte aber nur noch Platz 16. ’98 und ’99 wollten sie wieder hin, kamen aber nicht mal mehr durch den deutschen Vorentscheid. Irgendwann ist die beste Zeit eben rum – aber zwei zweite Plätze sind ja auch schon mal was.
1998: Guildo Horn – Guildo hat euch lieb!, 7. Platz
Eigentlich hatte der Eurovision nach Nicole für eine ganze Zeit einen enorm schlechten Ruf. Da man auf Landessprache singen musste, war ein Großteil der Teilnehmenden aus dem Schlager-Genre, was zur Zeiten der Neuen Deutschen Welle, noch mehr aber in den 90s als uncoolste Musikrichtung überhaupt gilt. 1998 nimmt Stefan Raab unter seinem Pseudonym Alf Igel – knickknack – den Wettbewerb unter seine Fittiche und macht gemeinsam mit Guildo Horn aus dem ESC in Birmingham eine riesige Party. Guildo springt, klettert, läutet Kuhglocken und wird mit „Guildo hat euch lieb!“ Siebter.
Der Jahrgang war der letzte mit Liveorchester – Raab fungiert hier auch als Dirigent – und der Regel, dass in Landessprache gesungen werden muss. Übrigens an dieser Stelle ein ernstgemeinter Ratschlag: Geht kommende Saison zu einem der fast immer restlos ausverkauften Guildo-Horn-Weihnachtskonzerte. Ihr werdet uns danach danken.
2000: Stefan Raab – Wadde hadde dudde da?, 5. Platz
Genau zehn Jahre vor dem Sieg mit Lena stand Stefan selbst auf der Bühne. „Wadde hadde dudde da?“ war im gerade frisch gebackenen Jahrtausend ein wahnsinnig schräger Beitrag auf einer erfundenen Quatschsprache, die jedoch dem Deutschen entlehnt wurde. Außerdem erhält der Song eine englischsprachige Bridge. Doch der Song ist ein eindeutiger Beweis dafür, dass man nicht alles verstehen muss, um von der Hook gnadenlos angesteckt zu werden.
Neben der Arbeit an den Beiträgen von Guildo Horn und Lena war Raab auch noch an den Songs aus 2004 (Max Mutzke, „Can’t Wait Until Tonight“, 8. Platz), 2011 (Lena, „Taken By A Stranger“, 10. Platz) und 2012 (Roman Lob, „Standing Still“, 8. Platz) als Produzent, Komponist und/oder Entdecker des Acts tätig. Auch hier ein lustiger Fun Fact: Ist man skandinavische:r Muttersprachler:in kann man ebenso große Teile des Textes von „Wadde hadde dudde da?“ verstehen. Zufall, wenn der ESC 2000 in Stockholm stattfand? We doubt it.
2018: Michael Schulte – You Let Me Walk Alone, 4. Platz
Alle sagen immer, dass wir seit dem Sieg mit Lena nur noch verkacken. So ganz stimmt das aber nicht. 2011 Platz 10, 2012 Platz 8… ok, und dann zwischen 2013 und 2023 in der Tat vier letzte, drei vorletzte Plätze, zwei weitere Platzierungen im letzten Drittel – aber auch einen vierten Platz. „You Let Me Walk Alone“ von Michael Schulte drehte sich um den Tod seines Vaters und wie sehnlich er sich wünscht, dass er doch einige Momente in seinem Leben mit ihm gemeinsam teilen könnte. Das traf natürlich mitten ins Herz. Es muss also einfach ein guter Song hin, dann klappt das auch. Sehr oft stehen sogar gute Songs im Vorentscheid zur Wahl – aber die müssen da dann eben auch gewinnen. Angeblich soll Stefan Raab für 2025 mit einem neuen Konzept zurückkehren. Irgendwer muss es ja machen.
2005: Gracia – Run & Hide, 24. Platz
Der Höllenritt begann 2005. Erstmalig belegte Deutschland in dem neuen Jahrtausend den letzten Platz. Und womit? Mit einer zwar eigentlich recht guten Sängerin, die in der ersten Staffel „Deutschland sucht den Superstar“ wirklich glänzte, die aber hier eine katastrophale Komposition zum Besten geben durfte, dazu ein schrecklich unauthentisches, möchtegern-cooles Image auferlegt bekam und einfach nicht den besten Tag hatte. An dem Auftritt zu „Run & Hide“ von Gracia stimmt leider wirklich gar nichts. Eines von sechs Schlusslichtern für Deutschland seit dem Millennium, bis heute aber für viele das Paradebeispiel dafür, wie man es wirklich so gar nicht machen sollte.
1996: Leon – Planet of Blue, nicht qualifiziert
Eigentlich ist „Planet of Blue“ von Leon aus 1996 überhaupt nicht erwähnenswert. Das Lied ist trashig, der Auftritt cringe – trotzdem muss man ihn für gute ESC-Trivia einfach auf dem Schirm haben. Seitdem Mitte der 90er viel mehr osteuropäische Länder Teil der EBU (European Broadcasting Union) sind, gab es gleich 30 Staaten, die am ESC teilnehmen wollten, jedoch nur 23 Plätze im Finale. Aus produktionstechnischen Gründen, damit die Show nicht noch länger dauert. Bis auf das Gastgeberland Norwegen mussten sich alle 29 in einer Vorrunde qualifizieren, was sieben Ländern nicht gelang, darunter auch Deutschland. Somit ist 1996 das einzige Jahr, in dem man Deutschland beim ESC-Finale nicht sehen konnte und der Wettbewerb schlussfolgernd auch ganz trotzig nicht von der ARD ausgestrahlt wurde, die über die Quali-Runde ziemlich verärgert schien.
Da durch die Nicht-Teilnahme der größten Länder ganz schön viel Kohle fehlt, gibt es seit 1999 die Regel mit den Big Four (Spanien, Vereinigtes Königreich, Frankreich, Deutschland), seit 2011 Big Five (zusätzlich Italien), um finanzielle Desaster vermeiden zu können. Im Gegenzug schenkt die EBU den Fünf automatisch eine Eintrittskarte fürs Finale. Ohne die hätte man Deutschland sehr, sehr wahrscheinlich schon viel öfter nicht am Samstagabend in der ARD gesehen.
1979: Dschinghis Khan – Dschinghis Khan, 4. Platz
Gib’s zu: Du hast „Dschinghis Khan“ gesungen, nicht gelesen. Auf wie vielen deutschen runden Geburtstagen in Schrebergärten und Kneipen dieser Gassenhauer wohl schon heiß lief? Wir wissen es nicht. Aber wir wissen, dass der Song der gleichnamigen Band vier Wochen Platz 1 der deutschen Singlecharts belegte und sich weitere 25 Wochen in den Top 100 aufhielt. Musik und Text selbstverständlich auch hier Ralph Siegel und Bernd Meinunger. Die Band existiert bis heute, von den sechs Gründungsmitgliedern ist nur noch Wolfgang Heichel dabei, die Sängerinnen Edina Pop und Henriette Strobel sind aber weiterhin im Business und schmettern bei Gigs auch gerne mal einen der Classics.
2006: Texas Lightning – No No Never, 15. Platz
Der wohl größte „Ach, das war mal beim Eurovision?“-Überraschungskandidat der Reihe. Ja, mit Texas Lightning und „No No Never“ erhoffte man sich richtig viel. Doch am Ende reichte es für Olli Dittrich (!) am Schlagzeug, Jane Comerford am Gesang und die restliche Truppe nur für einen ganz schön enttäuschenden geteilten Platz 14. Trotzdem wurde der Country-Pop-Ohrwurm Platz 1, erreichte Platin, ist bis heute der am meisten gespielte deutsche ESC-Song im Radio und nach Lena der zweiterfolgreichste in den Verkaufscharts.
1975: Joy Fleming – Ein Lied kann eine Brücke sein, 17. Platz
Last but eher das absolute Gegenteil von Least: Ladies and Gentlemen, verneigen Sie sich vor der unvergleichlichen Joy Fleming. Bis dato gilt „Ein Lied kann eine Brücke sein“ unter allen wahren ESC-Fans international als der beste deutsche Beitrag aller Zeiten und insgesamt auch als einer der größten Hymnen des gesamten Wettbewerbs. Und ganz ehrlich kann man es auch gar nicht anders sehen. Komposition: On point. Message: Essenziell. Gesang: Weltniveau. Leider war man 1975 dem massentauglichen Geschmack einfach einige Jahre voraus, sodass es lediglich für einen schockierenden 17. Platz reichte.
In drei weiteren Versuchen beim deutschen Vorentscheid scheiterte sie knapp vor einer weiteren Chance. Ein Denkmal hat sich die Frau mit der überragenden Stimme mit ihrem Auftritt 1975 trotzdem gesetzt. Joy Fleming verstarb im Alter von 72 Jahren im September 2017.
Das große Finale des Eurovision Song Contest 2024 findet am 11.5. um 21 Uhr deutscher Zeit statt.
Am 7. und 9.5. gibt es zur selben Zeit die beiden Halbfinalshows.
Live mitverfolgen kann man das Finale in der ARD, die Halbfinalshows auf One.
Zusätzlich laufen alle Shows auf eurovision.de und in der ARD Mediathek im Stream.
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Wenn du den ESC nicht magst, aber Musik