Musik von hier 3/2024: Damit der Frühling endlich reinkickt

Erst Frühlingsanfang, jetzt auch noch Sommerzeit - der perfekte Moment für richtig gute neue Sounds aus NRW und Euphorie. Foto: Canva
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Auch wenn man uns eine Stunde Schlaf geklaut hat, so haben wir doch endlich das, was wir alle wollen, oder? Frühling ist da, gute Laune ist safe auch am Start – und für die Musik, die das Ganze noch ein wenig geiler macht, sorgen wir jetzt. Hört rein in die neusten Releases der angesagtesten Acts und Newcomer:innen NRWs, denn das ist die 3. Ausgabe Musik von hier 2024:

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Tigermilch – Gib her was dich kaputt macht

Nach dem Debütalbum „Gelaber“ in 2022 ist das Kölner Quartett Tigermilch mit neuen Tracks zurück: Auf „Gib her was dich kaputt macht“ gibt es fünf kleine, überwiegend akustische, introvertierte wie nachdenkliche Songs für zwischenmenschliche Momente. Bens Gesang trägt eine gewisse Trauer in sich, die locker 50 Prozent der gebotenen Melancholie ausmacht. Volltrunkene Stimmung für frühe Sonntagssonnenaufgänge im anstehenden Frühling. Das ist ein bisschen jazzig, ein bisschen indie-poppig, ein bisschen souliger Max Herre und Freundeskreis, ein bisschen AnnenMayKantereit. Bei dem groovigen „Schritt für Schritt“ ist das Mitsingen schwer zu unterdrücken, in „Nur nicht heute“ entsteht ein lasziver, berauschender Schlafzimmeresprit. Die seit sechs Jahren existierende Band setzt damit den nächsten Anker, um nun endlich den Durchbruch zu schaffen. Wir sind da guter Dinge. Bereits veröffentlicht

KMPFSPRT – Aus gegebenem Anlass

Auf KMPFSPRT ist Verlass. Die sind einfach eine sichere Bank. Das Kölner Punkrock-Quartett betitelt sein neues Album mit den Worten „Aus gegebenem Anlass“. Und ja, Anlässe gibt es aktuell gefühlt so viele wie selten zuvor. Somit gehen Richard am Mic und seine drei Jungs an den Instrumenten wieder den konsequenten Weg und brüllen sich mit politischer Haltung, aber dennoch genügend Feeling für catchy Melodielinien die Kehlen aus dem Hals. Der fünfte Longplayer der Truppe hat genau ein Dutzend Tracks im Ärmel, die das liefern, was wir brauchen – ein Ventil für den ganzen Frust um uns, um am Ende mit etwas mehr Liebe den Alltag zu bestreiten. Um in die passende Laune reinzukommen, sind Songs wie „Letzte Hilfe“, „Das Ende aller Tage“, aber auch „Fliegenfriedhof“ die richtigen Anspieltipps. Danach geht’s dann zur passenden Show. Aktuell sind Termine für Bochum, Düsseldorf und Langenberg angekündigt. VÖ: 5.4.

9inebro – Kompass

Den könnten viele von euch schon auf dem Sender haben: 9inebro aus Köln macht schon ewig gemeinsame Sache mit seinem Buddy Lugatti. Gemeinsam haben die Zwei einige ordentliche Deutsch-Rap-Tracks veröffentlicht. Doch nun ist Ego-Trip. Einmal nur das, was 9ine selbst so möchte. Daraus hat sich eine gelungene LP entwickelt, die auch weit über die typisch gewordene 25-Minuten-Länge hinausprescht. 15 Songs lang geht es mit meist slowen Beats, die an 90s-Ami-Rap erinnern, und gut artikulierten, nachdenklichen, teilweise ganz schön romantischen Lyrics in Kopf, Ohr und Herz. Das ist anders, soft, hookig und hitverdächtig. Eben Hip-Hop der guten und null peinlichen Art. 9ines Skills kommen in Collabos mit Lugatti durch („Wäre ich“), „Ritual“ ist mit 80s-Sounds und Stimmverzerrer schon jetzt einer der Tunes für den anstehenden Sommer. Und bei „Croissant“ können wir alle irgendwie relaten. Mehr braucht’s auch nicht. VÖ: 5.4.

IUMA – Schau zu wie es brennt

IUMA gewann 2020 den Preis als beste Newcomerin beim popNRW. Sehr coole Sache, nur saublöder Zeitpunkt. Denn bekanntlich war man Ende 2020 mit allem beschäftigt, nur eher weniger mit der Musikbranche. Aber einige Jahre später ist die Kölnerin umso bereiter für die großen Bühnen. Sie hatte genug Zeit, um kreative Ideen zu sammeln und diese behutsam auf ihrer ersten großen EP „Schau zu wie es brennt“ gebündelt zu präsentieren. Die serviert sechs Songs auf dem appetitlich angerichteten Silbertablett, die dann im April auf der Tour u.a. in Köln live angehört werden können. Musikalisch bewegt sich IUMA leichtfüßig zwischen Alternative-Pop („Schwarzlicht“), dreamigem Soul mit sexy Atmo („Pussy“) und Singer/Songwriter-Lagerfeuer-Sounds („Schau zu wie es brennt“). Obendrauf gibt es ihre immer nur ganz kurz die Haut anhauchende ASMR-artige Stimme, die zu den komplexeren Beats einen schönen Gegenentwurf liefert. VÖ: 5.4.

Wolke – Wolke

Dass Oliver und Benedikt, die zusammen das Kölner Duo Wolke ergeben, etwas veröffentlicht haben, ist einige Zeit her. Nämlich zwölf Jahre. Ja, time flies. Doch nun sind die zwei sympathischen Typen zurück und haben einige Geschichten mitgebracht, schließlich passiert in einem so langen Zeitraum doch das eine oder andere Erwähnenswerte. Auf dem neuen Album, das ebenfalls „Wolke“ heißt, gibt es musikalisch eine Mischung aus Deutsch-Pop, Electronica, Indie, Piano-Balladen und einigen kleinen artsy Einfällen. Für Fans von erwachsenem Alternative-Pop, der alten Kultbands wie Tomte oder Tocotronic hinterherschaut, wird hier einiges dabei sein. „Vogel“ ist schwer bekömmlich, dank Streichereinsätzen aber wärmend, „Herz auf Schmerz“ ein frecher Ohrwurm, der zu sonnigen Frühlingstagen perfekt matcht. Zur Albumveröffentlichung gibt’s am 18.4. einen Auftrit im Stereo Wonderland in der Domstadt. VÖ: 12.4.

Marek Johnson – Mumbling on the Floor

In vielen Momenten erinnert Marek Johnsons zweites Soloalbum an Damien Rice. Nur mit etwas mehr Instrumentierung. Zwischendrin wird auch mit den Sounds von Massive Attack oder Portishead geliebäugelt („Steel“). So oder so durchzieht die elf Songs des Kölners eine schwere, eher düstere Atmosphäre, die nachdenklich stimmt, mal atonal daherkommt, aber auch tief entspannt. In den 38 Minuten ist man auf einem psychedelischen Trip, der herausfordert, aber nie verschreckt. Stattdessen schmeichelt sich die Stimme Mareks wohlig an, wenn sie einem sanft etwas ins Ohr flüstert. Sehr gelungen ist das in dem verspielten „Embrace The Glitch“, klassische Singer/Songwriter-Liebhaber:innen kommen mit „Borrowed Time“ auf ihre Kosten. Unbedingt mit Kopfhörern und etwas mehr Konzentration hören, um ja nichts zu verpassen. Alternative: Am 11.4. im Café Storch in Köln vorbeischauen und viele der kleinen Kunstwerke live erleben. VÖ: 19.4.

NEU! – Tribute I + II

Einige von euch kennen sie womöglich noch: Neu! 1971 in Düsseldorf gegründet gehört das Krautrock-Duo zu den größten Wegbereiter:innen des Genres. Michael Rother, stolze 73 Jahre jung, ist bis heute in der Musik tätig und immer wieder in Projekten vorzufinden, Klaus Dinger hingegen verstarb 2008. Beide waren zwischenzeitlich Mitglieder des Kollektivs Kraftwerk. Um der großen, einflussreichen Arbeit zu huldigen, haben sich nun viele internationale Acts zusammengefunden und einige der bekanntesten Tracks geremixt und neu interpretiert. Auf dem 70 Minuten schweren „Tribute I + II“ finden sich Werke von The National („Im Glück“), Mogwai („Super“), Yann Tiersen („Lieber Honig“) und den Idles („Negativland“). Das ist mal ein „Who is Who“. Dementsprechend spannend ist der Ritt durch Klangexperimente, die bis zu 13 Minuten dauern und einen in fremde Sphären manövrieren. Ein Gesamtkunstwerk zum (Wieder-)Entdecken, Träumen, Philosophieren und Fühlen. VÖ: 20.4. (Record Store Day)

Stefanie Schrank – Schlachtrufe BRD

Mit ihren (Ex-)Bands Karpatenhund, Gorilla Club und Locas In Love sollte Stefanie Schrank Szene-Fans schon mehrfach aufgefallen sein. Die Kölnerin spielt Bass, Synthesizer, singt, macht außerdem freibildende Kunst und hin und wieder eben auch musikalische Soloprojekte. Zuletzt 2019 mit ihrem Album „Unter der Haut eine überhitzte Fabrik“, was somit einige Zeit her ist. Für Nachschub ist nun endlich gesorgt, wenn auch mit einer etwas knackigeren EP, die 28 Minuten dauert und gleich in mehreren Richtungen Experimente präsentiert. Ob mal auf Englisch, mal auf Deutsch, mal Instrumental, mal Coversong, mal Eigenkomposition, mal eine Minute kurz, mal siebeneinhalb Minuten lang – Stefanie kennt da kein Pardon und macht eben so, wie es sich anfühlt. Nicht bei jedem Track ist der Zugang ganz einfach, aber der Mittelweg zwischen „sofort greifbar“ und „braucht zwei, drei Durchläufe“ ist stets gelungen. Der Titelsong ist schöne Electronica mit Nostalgie-Faktor. VÖ: 20.4. (Record Store Day)

Taby Pilgrim – Nest

In der Szene NRWs ist sie längst kein Geheimtipp mehr. Stattdessen hat sich Rapperin Taby Pilgrim mit ihrem besonderen Stil, der eher introvertiert und nachdenklich wirkt, einen Namen gemacht. Verständlich, wie wir finden. Auf ihrem neuen Album „Nest“, dem ersten Solowerk seit vier Jahren, gibt es neben Hip-Hop viel Soul, sodass sich gleich mehrere Songs auch bei leicht melancholischen Sonntagsmomenten im Bett hören lassen. Die 27-jährige Allrounderin, die man auch regelmäßig als Schauspielerin sehen und in Hörspielen und -büchern hören kann, hat was zu sagen. „Kalte Schulter“ haut starke politische Statements im Sekundentakt heraus und hat genau die richtige Haltung, „Sexualisiert mich“ ist das, was man sich unter dem Titel vorstellt, ein elendiges Thema, das zu zu vielen Frauen immer noch zum Alltag gehört. Bei der trappigen Vorabsingle „Nimmersatt“ hat die Essenerin sich Peat als Feature geholt. Am 2.5. gibt’s eine Releaseparty in Köln. VÖ: 26.4.

Herr Jan – Barfuß

Wenn Eltern und Kinder sich auf dieselbe Musik einigen können, erspart das beiden Parteien enorm viel Ärger – und ist somit absolut Gold wert. Herr Jan, geboren in Schwalmtal im Kreis Viersen, heute in Osnabrück lebend, ist schon viele Jahre von Kindern umgeben. Er ist gelernter Erzieher und Familientherapeut und wird in seinem Job von den Kleinen gern „Herr Jan“ genannt – daher also auch der Künstlername. Mit Anfang 30 wird er selbst Papa und ist somit auch im Privaten mit der nächsten Generation auf ganz persönlichem Wege in Kontakt. Seine Leidenschaft zur Musik stirbt nie, sodass er sie immer wieder bei seiner Tochter oder auf der Arbeit einbindet. Seit einigen Jahren ist Jan Sedgwick, wie er gebürtig heißt, für seine Kindermusik bekannt und mit dem Kinderliederpreis ausgezeichnet worden. Auf seinem dritten Album „Barfuß“ wird erneut deutlich, dass Musik für Kinder, die sich wohl am ehesten an 10- bis 14-jährige wendet, in jedem Genre funktioniert. Durchdachter Singer/Songwriter trifft auf Hip-Hop, Ska und Pop. Themen: Alltagsfrustration, Weltschmerz, Social Skills und das Verliebtsein. Damit können wir doch wirklich alle, oder? VÖ: 26.4.

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