Städte und Regionen? Stets im Wandel. Doch manches bleibt über Jahrhunderte. Mark Stücher und Christopher Filipecki präsentieren eine kleine historische Reise durch das Ruhrgebiet.
Hohensyburg, Dortmund
Würde Karl der Große heute mit seiner Streitmacht vor den Toren des Ruhrpotts stehen, würde er sicherlich ein genervtes: „Jetzt hömma uf mitte Fiesematenten und geh mir nich uffe Pimpernellen, sonst hat dein Arsch gleich Kirmes!“ zu hören bekommen und seine Truppen direkt wieder abziehen. Doch was hat sich über die Jahrhunderte hier verändert?
Fest steht: Schon vor über 1000 Jahren hatte der Franke Karl der Große wenig Spaß im Krieg mit den hier ansässigen Sachsen. Besonders hartnäckig hielt sich eine Festung bei Dortmund: Die Syburg. Hier brauchte Karl der Große gleich mehrere Anläufe, um die Burg einzunehmen. Anschließend nutzte er sie selbst als Verteidigungsanlage gegen die Sachsen. Wer heute die Burg, die mehr einer Ruine ähnelt, als Verteidigungsanlage nutzen möchte, sollte mindestens so viel Kreativität besitzen wie Kevin aus „Kevin – Allein zu Haus“. Man braucht auch keine Armee mehr, um in das Burginnere zu gelangen. Es empfiehlt sich jedoch ein Rucksack mit Proviant für einen entspannten Ausflug.
Hohensyburgstr. 202, Dortmund
Kaiser Wilhelm & Otto von Bismarck, Dortmund
Weniger entspannt waren die beiden Herren, die nur fünf Minuten Fußweg entfernt stehen: Kaiser Wilhelm und Otto von Bismarck. Sie wollten die Niederlage, die Karl der Große ihren Vorfahren zugefügt hatte, nicht so einfach auf sich sitzen lassen. Kurzerhand schafften sie eine großdeutsche Armee und griffen die Franken an. Die Information, dass Karl der Große dort längst nicht mehr regierte, geschweige denn überhaupt noch lebte und die dort ansässigen Franken mittlerweile Franzosen waren, kam für alle Beteiligten leider zu spät. Lebend wird man die beiden heute jedoch auch nicht mehr antreffen. Stattdessen findet man einen Turm mit den Statuen des ehemaligen Kaisers und Reichskanzlers zur Erinnerung an die Reichsgründung.
Hohensyburgstraße 200, Dortmund
Tiegelgussdenkmal, Essen
Auch wenn Historiker sicherlich widersprechen würden, dass der Antrieb Kaiser Wilhelms und Bismarcks die Rache auf Karl dem Großen war, ist jedenfalls unstrittig, dass der schnelle Sieg über die Franzosen wohl nur durch die derzeit modernsten Waffen, die auf deutscher Seite zum Einsatz kamen, gelingen konnte: Den Krupp-Kanonen. Selbstverständlich darf auch hier das entsprechende Denkmal nicht fehlen. Auf dem Gelände der Thyssen-Krupp-Hauptverwaltung im Essener Westviertel steht seit 1952 das Tiegelgussdenkmal – ein Denkmal aus Stahl. In Auftrag gegeben wurde es bereits 17 Jahre zuvor. In dieser Zeit baut Berlin heute ganze Flughäfen. Der Grund für diese lange Dauer war hier aber weniger eine verfehlte Bauplanung, sondern vielmehr eine Materialknappheit. Für Kanonen für halb Europa hatte es da gerade noch gereicht, für ein eigenes kleines Denkmal dann jedoch nicht mehr. Darauf zu sehen sind übrigens die einzelnen Schritte der Stahlproduktion. Wer also noch Rache an einem vor über 1000 Jahre verstorbenen Vorfahren üben möchte, der sollte die Anleitung genaustens studieren. Denn immerhin kann man damit Kriege gewinnen.
Altendorfer Straße, Essen
Opel GT, Bochum
Kriege gewinnen konnten die Deutschen danach erstmal nicht mehr. Als das eingesehen wurde, suchte man sich ein Hobby, das weniger grausam und teuer war: Malochen. Es folgte die Phase des Wirtschaftswunders. Nicht wenige betitelten das Ruhrgebiet dabei als dessen Motor. Aber auch der beste Motor braucht mal einen (Öl)wechsel. So wurde beispielsweise in Bochum aus der alten Zeche Dannenbaum ein neues großes Opel-Werk. Frei nach dem Motto: Wenn der Motor nicht mehr funktioniert, dann baut man die Autos eben einfach selbst. Der Opel GT wurde dabei zum Verkaufsschlager und bekam in Bochum ein eigenes Denkmal gesetzt.
Hauptstraße, Bochum
Thomas-Konverter, Dortmund
Das Ende der Bergwerke und der Stahlindustrieproduktion konnte man auch in Dortmund beobachten. Wer sich schon einmal die Frage gestellt hat, was der große Bruder von R2-D2 dort am Phoenix See macht: Er heißt Thomas und jahrelang verarbeitete er Eisen in der Hörder Kesselschmiede. Heute genießt er seinen wohlverdienten Ruhestand mit einem traumhaften Blick auf den künstlich angelegten Phönix-See, auf dessen Fläche er noch vor wenigen Jahren malocht hat.
Am Kai, Dortmund
Ausflugsidee: Eine Mühle besichtigen
Wer denkt, man müsse zu unseren niederländischen Nachbar:innen düsen, um eine Mühle sehen zu können, hat die Rechnung ohne das facettenreiche Ruhrgebiet gemacht.
In mehreren Städten können Mühlen angeschaut werden, die zum Teil mehrere hundert Jahre alt sind.
Mag man gleich drei auf einen Schlag mitnehmen, lohnt die Fahrt nach Duisburg. Die Bergheimer Mühle (Peschmannstr.) entstand 1595, wurde jedoch 1721 zerstört.
Nur drei Jahre später wurde eine neue aufgebaut, die jedoch den zweiten Weltkrieg nicht überstand. Seit den 80ern steht die dritte Ausführung und beherbergt ein schickes Restaurant.
In der Lohmühle (An der Lohmühle 17) hingegen ist das Mahlwerk seit fast 200 Jahren betriebsfähig. Hier können auch Schulklassen viel Geschichtliches lernen. Die Stahl’sche Mühle (Bahnhofstr. 35) dient heute als Ausstellungsraum.
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