Recklinghausen. Wenn dieser Name fällt, denken die meisten Kulturinteressierten meistens sofort an die berühmten Ruhrfestspiele, die derzeit noch bis Juni stattfinden. Doch die Stadt am Rhein-Herne-Kanal hat noch viel mehr zu bieten. Zum Beispiel das Ikonen-Museum. Kunstfans sollten dieser renommierten Sammlung Beachtung schenken. Wir haben uns auf den Weg in die Welt der orthodoxen Kunst gemacht.
In einem weißen Gebäude, direkt gegenüber der Probsteikirche von St. Peter, befindet sich seit den 1950er-Jahren das Ikonen-Museum. Was viele nicht wissen, darunter auch zahlreiche Recklinghäuser:innen: Das Museum zeigt die bedeutendste Ikonen-Sammlung der westlichen Welt. Nicht Berlin, Hamburg, London, Paris oder gar Madrid beherbergt diese Kollektion, sondern das recht beschauliche Recklinghausen. Ein Grund mehr, dem Museum einen Besuch abzustatten.
Doch was sind eigentlich Ikonen? Das Wort stammt aus dem griechischen und bedeutet Bild oder Abbild. Und damit liegt man schon sehr nah: Eine Ikone ist eine hölzerne Bildtafel der orthodoxen Kirche. Gezeigt werden hauptsächlich Jesus, die Mutter Gottes, Heilige und Szenen aus dem Alten und Neuen Testament.
Ein Höhepunkt finden wir direkt im Untergeschoss: die Ikonostase. Dabei handelt es sich um eine Bilderwand, die mit Ikonen gefüllt ist. Sie trennt den Kirchenraum eines orthodoxen Gotteshauses. Die Wand mit drei Türen steht in orthodoxen Kirchenbauten vor dem Altarraum. Es lohnt sich, die Recklinghäuser Ikonostase genauer anzuschauen, denn dann entdeckt der Betrachter zahlreiche geschnitzte Tiere.
Ein weiteres Highlight im Eingangsbereich ist der Jahreskalender. Auf ihm sind Hunderte von Heiligen abgebildet. Weiter im nächsten Raum dreht sich alles um Chistus- und Muttergottes-Ikonen. Besonders prachtvoll sind die Abbildungen mit edelsteingeschmückten Rahmen.
In das erste Obergeschoss gelangen wir durch den modernen Anbau mit Treppenhaus oder Fahrstuhl. Die zeitgenössische Architektur bietet einen interessanten Kontrast zu den oftmals jahrhundertealten Ikonen. Die Treppenlösung ist ein beliebtes Fotomotiv. Das Fotografieren – ohne Blitzlicht – ist übrigens im gesamten Haus erlaubt.
Die beiden Ausstellungsräume der ersten Etage zeigen Heilige- und Festtagsikonen. Zahlreiche Heiligenbilder sind in der Form von so genannten Vita-Ikonen dargestellt. Das bedeutet: Auf mehreren kleinen Bildern auf der Holztafel sind einzelne Lebensstationen – und oftmals Wunder, die der oder die Heilige vollbracht haben soll – abgebildet. Ähnlich wie ein Comic erzählen die Abbildung aus dem Leben der abgebildeten Person.
Erwähnenswert sind der Heilige Nikolaus und der Heilige Christopherus. Nikolaus gilt als Schutzpatron einer guten Ehe. Wer mag, kann ihm gerne ein Auge zu knipsen. Schaden wird es bestimmt nicht.
Christopherus wird als Patron der Reisenden und Autofahrer verehrt. Unzählige Schlüsselanhänger in aller Welt zieren sein Antlitz. Doch das Außergewöhnliche bei den Ikonen: Christopherus wird als Hundsköpfiger dargestellt, er galt nämlich als Angehöriger der Tiermenschen. So erinnert sein Kopf auf den Holztafeln entweder an einen Hund oder auch an ein Schwein.
Unter dem Dach angekommen, entdecken wir die koptische Sammlung. Bei koptischen Christen handelt es sich um Urchristen, die im heutigen Gebiet Ägyptens leben. Dort können sich die Besucher:innen auf alte Skulpturen freuen. Für einen Moment halten wir inne. Schade, dass die alten Steine nicht sprechen können, sie hätten so viel zu erzählen …
Weitere Infos über das Ikonen-Museum
Dort bekommt man Informationen über Sonderausstellungen, Führungen und das Kinderprogramm
Der Eintritt kostet 6 Euro (Erwachsene) bzw. 3 Euro (Schüler, Auszubildende, Studierende usw.), Kinder unter 14 Jahren können das Haus kostenlos besuchen [Stand: Mai 2023].
Und wer schon mal in der Altstadt von Recklinghausen ist, kann auch das Museum Jerke oder die Kunsthalle, direkt gegenüber des Hauptbahnhofs besuchen.
Artsy Zeug