Ungeschönt & Aufrichtig: Interview mit Alice Merton

Mit ihrem neuen Album "S.I.D.E.S." ist Alice Merton diesen Herbst auf Tour. Foto: Paper Plane Records
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Im Juni ist ihr aktuelles Album „S.I.D.E.S“ erschienen – darin singt Alice Merton über ihre Erfahrungen und Empfindungen. Im Interview spricht sie mit Mareike Hanke.

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Alice Merton und das Ruhrgebiet

Der coolibri hat seinen Hauptsitz in Dortmund, du spielst dort bald im FZW. Kennst du dich in der Stadt aus oder hast du irgendwelche Berührungspunkte?
Ehrlich gesagt, kenne ich mich gar nicht so gut aus in Dortmund – obwohl wir dort ein paar Mal gespielt haben.

Das Ruhrgebiet hat so viele große Städte, bis man da einmal wirklich rumgekommen ist und sich auskennt, muss schon einiges an Zeit vergehen.
Ja, das dauert ein bisschen.

Sprechen wir über deine Musik. Die Bäume werden langsam kahler und wir haben fast schon den Winter vor der Tür. Haben die Jahreszeiten Einfluss auf deine Musik?
Auf jeden Fall! Zu jeder Jahreszeit ist es so, dass ich bestimmte Angewohnheiten habe. Ich bin zum Beispiel im Herbst viel im Studio oder habe oft Touren. Das heißt, wir sind dann viel unterwegs. Im Sommer hat man, finde ich, weniger Lust auf Schreiben und mehr Lust auf Spielen. Im Winter finde ich es immer total schön, wenn man im Studio ist, die ganze Zeit dort verbringt und Musik macht – denn rausgehen will man meistens nicht, weil es so kalt ist. Also ich würde schon sagen, dass die Jahreszeit was mit der Musik macht und mich beeinflusst.

Alice bei einem Auftritt bei der „Goldenen Henne“ in Leipzig. Foto: dpa

Alice Merton: „Ich liebe die prächtigen Farben des Herbstes.“

Hast du eine Lieblingsjahreszeit?
Das ist auf jeden Fall der Herbst.

Farbtechnisch ist es ja ein Traum da draußen.
Ja, total, ich liebe die prächtigen Farben des Herbstes. Und ich liebe auch die Herbstsonne, weil sie gar nicht so stark ist und trotzdem stark genug. Irgendwie habe ich immer das Gefühl, dass man im Herbst in einer komplett anderen Welt ist.

Apropos andere Welt: Mir ist aufgefallen, dass das Stichwort „träumen“ oft fällt – sei es in Interviews mit dir oder in deinen Song. Jetzt mal abgesehen von Lebenswünschen und Tagträumereien: Träumst du nachts viel?
Ich vergesse sehr viel, was in den Träumen passiert – aber ich weiß, dass ich sehr viel träume, wenn ich aufwache und Ideen habe für Songs oder Gedichte oder so.

Magst du einen Song nennen, der stark von einem Traum inspiriert wurde?
Ich würde sagen, „Loveback“ ist ein Song, der sehr von meinen Träumen inspiriert wurde – beziehungsweise die musikalische Begleitung war sehr inspiriert von dem, was ich nachts gefühlt habe.

Schreibt Alice Merton wohl mit Stift und Papier oder digital ihre Songs?

Wenn du deine Songs schreibst, hast du da irgendwelche Gewohnheiten, die dir helfen?
Ehrlich gesagt: Nein. Es gibt nichts, was ich unbedingt brauche – ich brauche einfach nur einen Laptop oder ein Stück Papier und einen Stift und dann kann ich in meine Traumwelt eintauchen. Dann kann ich meine eigenen Geschichten erzählen beziehungsweise das, was ich mir zusammenschöpfen möchte, aufs Blatt schreiben.

Praktisch – du bist quasi allzeit bereit, loszulegen, wenn du eine Idee hast.
Ja, auf jeden Fall. Also ich brauche da wirklich keine besondere Stimmung oder eine entspannte Atmosphäre. Ich kann überall schreiben.

Schreibst du denn lieber am Laptop oder mit Stift und Papier?
Ich bin an Laptop und Handy fixer, deshalb ist mir das lieber. Papier nutze ich auch manchmal, aber meine Gedanken sind in kreativen Momenten sehr schnell und will halt alles aufschreiben, was mir dann plötzlich in den Kopf kommt. Manchmal habe ich das Gefühl, Ideen zu verpassen, wenn ich mit einem Stift schreibe. Deshalb wird – sehr unromantisch, aber praktisch – wirklich meist der Laptop genutzt.

In einem Interview hast du mal erwähnt, dass es in schwierigen Zeiten helfen würde, sich an gute Zeiten zu erinnern. In welchen Situationen machst du das ganz bewusst?
Es gibt Shows, vor denen ich sehr aufgeregt bin – dann gehe ich zu einer Erinnerung von einer Show zurück, die superschön war. Ich versuche mich reinzuversetzen in diese Situation: alles zu sehen, was ich damals sehen konnte und zu fühlen, was ich damals gefühlt habe. So kann ich meine Aufregung unter Kontrolle halten.

Gleich vier Shows stehen im November für Alice Merton in NRW an. Foto: Danny Jungslund

Das klingt, als würde es dir gleichzeitig Energie geben, dich aber auch erden.
Auf jeden Fall, ja, das tut es.

Du sprichst offen über das Thema Panikattacken und über Mentale Gesundheit. Wie reagieren dein Umfeld und deine Fans auf diese Offenheit?
Ich glaube ganz gut – viele können sich damit identifizieren. Es ist wichtig, dass man das Thema anspricht – und dass man weiß, dass man nicht allein ist. Und wenn man glaubt, man muss sich irgendwie Hilfe holen, dann soll man das machen. Man soll sich nicht schämen dafür.

Du hast mal gesagt, es sei dir ganz wichtig, dich selbst zu lieben, so wie du bist. Hast du dieses Ziel erreicht?
Ich glaube, es ist ein stetiger Arbeitsprozess – aber ich würde auf jeden Fall sagen, dass ich viel näher dran bin, als ich es noch vor zwei Jahren war. Ich meine: Man sollte dankbar sein für alles, was passiert, und sich auch bewusst machen, wie einzigartig diese Welt ist und wie selten Gelegenheiten und Möglichkeiten vorbeikommen. Take nothing for granted…

alicemerton.com
5.11., New Fall Festival Düsseldorf
11.11., FZW Dortmund
13.11., Live Music Hall Köln
15.11., Forum Bielefeld

GEWINNSPIEL: Bis zum 8.11. könnt ihr auf unserem Instagram-Channel 2 Tickets für die Show in Dortmund gewinnen! Schaut vorbei!

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