Der gewünschte Film ist ausgesucht? Ihr habt euch von dem Gedanken verabschiedet, dass jedes Foto der absolute Hit wird? Sehr gut. Dann geht es jetzt an die Wahl der richtigen Kamera.
Auf alten Spiegelreflexkameras lernt man das Fotografieren
Die Wahl der Kamera steht nicht nur in einem engen Verhältnis zur Wahl des Films, sondern entscheidet auch darüber, wie ihr die (analoge) Fotografie erlebt. Mit einer „klassischen“ Spiegelreflexkamera samt Wechselobjektiven könnt ihr in jede Facette der Fotografie eintauchen und habt die volle Kontrolle über Blende, Verschlusszeit und Fokus. Damit bestimmt ihr auch maßgeblich den Look des Bildes – und, ob es überhaupt etwas wird. So ein manueller Fokus kann schon etwas tricky sein, wenn man nur das automatische Fokussieren des Smartphones gewöhnt ist.
Viele professionelle Fotografen schwören darauf, dass nur so das wirkliche Fotografieren erlernt werden kann. Spaß macht es auf jeden Fall, mit den verschiedenen Einstellungsmöglichkeiten zu experimentieren. Da das Feedback im Vergleich zur digitalen Fotografie aber erst verzögert kommt, empfiehlt es sich, bei größeren Experimenten festzuhalten, mit welchen Einstellungen wie gespielt wurde. Beliebte Einsteigermodelle sind die Canon AE-1, die Nikon F3 und die DDR-Kamera Praktica MTL 50. Diese Modelle hat vielleicht der ein oder andere Vater, Onkel oder Großvater noch auf dem Speicher liegen. Ansonsten lohnt sich auch ein Blick in Kleinanzeigen.
Ich glaub, ich spring im Belichtungsdreieck
Kleiner Exkurs zum Belichtungsdreieck: Ohne Licht geht in der Fotografie nichts. Frei übertragen aus dem Altgriechischen bedeutet es nicht umsonst so viel wie: Zeichnen mit Licht. Wie ein Bild belichtet ist, wird durch die drei Parameter Belichtungszeit, Blende und ISO festgelegt. Die ISO zeigt an, wie lichtempfindlich der Film ist. Die Verschlusszeit bestimmt, wie lange der Film belichtet wird. Hier stehen üblicherweise Werte zwischen einem Sekundenbruchteil (z. B. 1/200) und einer oder mehreren Sekunden zur Wahl. Je länger die Belichtungszeit, desto heller das Bild. Ist Bewegung im Spiel – entweder durch das Motiv oder durch den Fotografen (Stichwort: verwackelt), wird das Bild aber auch unschärfer.
Die Blende gibt an, wie weit das Objektiv geöffnet wurde. Für ein Portrait wie aus dem Lehrbuch empfiehlt sich eine sehr weit geöffnete Blende (z. B. F 1.8), die sehr viel Licht auf den Film lässt und gleichzeitig viel Unschärfe im Hintergrund erzeugt, das sogenannte Bokeh. Was wie ein Vorteil klingt, bedeutet aber auch, dass der Fokuspunkt schwieriger zu setzen ist. Ist die Blende geschlossen (z. B. F 11), ist hingegen sehr viel des Bildes im Schärfebereich. Das ist besonders bei der Landschaftsfotografie gern gesehen. Gleichzeitig kommt so aber auch deutlich weniger Licht auf den Film. Innerhalb dieses Belichtungsdreiecks gilt es, die Werte so festzulegen, dass das gewünschte Ergebnis entsteht. Die Einstellungen werden je nach Modell entweder manuell an der Kamera vorgenommen oder die Kamera übernimmt das selbst.
Die stylische Alternative: Messsucher-Kameras
Eine Alternative zum Fotografieren mit der Spiegelreflexkamera ist die Messsucherkamera. Diese verfügt auch über die Möglichkeit, alle wichtigen Einstellungen manuell vorzunehmen und die Objektive zu wechseln. Der Clou hier: Beim Blick durch den optischen Sucher blickt ihr nicht durch das Objektiv, sondern durch den namensgebenden Messsucher. Dies bietet den Vorteil, dass beim Auslösen der Kamera der Spiegel nicht das Motiv verdeckt. Zudem ist der Fotograf näher am Geschehen und hat einen besseren Blick auf das, was (noch) nicht im Bild ist. Je nach Brennweite des Objektivs wird der tatsächlich fotografierte Bildausschnitt im Vergleich zu dem Bild im Messsucher aber sehr klein. Diese Kameras sind vor allem in der Street- und Reportagefotografie beliebt, da sie weniger einschüchternd und „professionell“ wirken, als eine Spiegelreflexkamera. Wer hier sucht, findet vor allem Modelle von Leica, die in einem guten Zustand kaum bezahlbar sind. Aber auch von Canon, Minolta und anderen Herstellern gibt es bezahlbarere Alternativen.
Hände hoch, ich schieße: Die Point-and-Shoot-Kamera
Wer eher im Moment leben und fotografieren, den analogen Look dabei aber nicht vermissen möchte, greift zu einer Point-and-Shoot-Kamera, auch Kompaktkamera genannt. Das ist die analoge Kamera, die viele vielleicht noch aus ihrer Jugend kennen. Nicht umsonst handelt es sich dabei um die meistverkauften analogen Kameras. Anschalten, ausrichten, ggf. noch den Blitz an- oder abschalten und dann den Auslöser drücken. Schon ist eins von 36 Bildern geschossen und im Idealfall spult die Kamera den Film auch direkt weiter. Diese Kameras bringen dem Nutzer weniger über die Basics der Fotografie bei, machen dafür aber Spaß und erzeugen einen Bildlook, dem kein 90er-Nostalgiker widerstehen kann.
Einige High-End-Modelle bieten euch etwas mehr Spielraum bei der Wahl der Blende und der Verschlusszeit, Modelle mit Zoom bringen etwas mehr Möglichkeiten, den Bildausschnitt zu ändern. Mit einer ordentlichen Spiegelreflex oder Messsucherkamera ist die Point-and-Shoot aber nur schwer zu vergleichen. Dafür gibt es hier eine Menge bezahlbare Kameras: Wer in diesem Segment sucht, findet viel Auswahl auf den bekannten Marktplätzen und Kleinanzeigenportalen. Es lohnt sich aber, genauer hinzuschauen, um am Ende nicht nur mit billigem Plastik dazustehen. Wirklich hochwertige Kompaktkameras, wie z. B. die Yashica T4, die Contax T2 oder die Leica Mini II, wechseln aber für drei- bis vierstellige Beträge den Besitzer. Dafür bieten sie aber auch eine Menge an Features und besonders hochwertige Objektive.
Leider kein Pfand drauf: Die Einweg-Kamera
Wer für ganz kleines Geld analoge Point-and-Shoot-Fotografie erleben will, greift zur Einmal- oder Wegwerfkamera. Die gibt es für ca. 15 Euro bei der Drogerie-Kette eures Vertrauens. Teilweise sogar als Unterwasserkamera für analogen Spaß am und im Pool. Hier könnt ihr erfahren, ob ihr Interesse und Spaß an der Retrofotografie habt. Der Nachteil ist: Nach dem ersten Film landet die Kamera im Müll und ihr müsst im schlechtesten Fall Nachschub kaufen. Auf lange Sicht ist es dann doch günstiger, in ein gutes gebrauchtes Modell zu investieren, das ihr wiederverwenden könnt.
Nicht nur bei Pokémon wichtig: Die Entwicklung
Habt ihr eure bis zu 36 Motive dann im Kasten, muss der Film nur noch entwickelt werden. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Alle großen Drogerie-Ketten bieten eine Entwicklung von analogen Bildern an. Das erfolgt hier ziemlich kostengünstig und ihr erhaltet die Bilder auch direkt in gedruckter Form fürs Familienalbum. Digital gibt es hier aber noch etwas Nachholbedarf. Eine Alternative zum Bildtransfer per CD gibt es nicht. Dafür gibt es aber in jeder größeren Stadt mindestens ein unabhängiges Filmlabor, das die Entwicklung für euch übernehmen kann. Wenn ihr eure Bilder nur für Instagram braucht, gibt es hier auch meistens die Möglichkeit, eure Negative nur entwickeln und scannen zu lassen. Dann erhaltet ihr einen Download-Link mit euren Schätzen. Größere Labore in z. B. Hamburg, Berlin oder Köln bieten einen Einsendeservice für eure Filmrollen an. Wer einen größeren Durchlauf an analogen Fotos hat, für den empfiehlt es sich, zuhause zu entwickeln und zu scannen. So spart ihr mit der Zeit nicht nur bares Geld, sondern erhaltet auch eine größere kreative Freiheit bei der Bearbeitung eurer Bilder. Also nichts wie ab in die hauseigene Dunkelkammer.
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