Viele Autorinnen, Bloggerinnen und Influencerinnen haben zuletzt gefragte Sachbücher und Romane vorgelegt, in denen sie brennende Themen des Feminismus anpacken: Ob abgesprochene Weiblichkeit, Rechtfertigungsdruck oder das gesellschaftliche Einmischen bei der Nachwuchsplanung – meinungsstarke Frauen berichten von ihren Erfahrungen und geben kluge Denkanstöße. Wir haben exemplarisch sieben Bücher für euch ausgesucht.
Super(hairy)woman*
Die 1992 geborene Anna C. Paul vereint in ihrem ersten Buch „Super(hairy)woman*” verschiedene Beiträge von weiblichen, männlichen und genderqueeren Menschen, die sich allesamt dieselbe Frage stellen: „Weshalb ist Körperbehaarung immer noch ein Tabu?” Denn diese wird heutzutage bei Frauen nicht selten unsichtbar gemacht – auf der Straße, am Strand, in Filmen, in der Werbung. Dieses Voraussetzen glatter Haut jedoch begünstigt bei nicht wenigen Frauen ein Schamgefühl gegenüber der Natürlichkeit ihres Körpers; entfernen sie ihre Behaarung nicht, wird ihnen mitunter gar ihre Weiblichkeit abgesprochen. Die Feminismus-Texte in „Super(hairy)woman*” zeigen eindrucksvoll ganz unterschiedliche Umgangsformen mit Idealbildern auf.
Anna C. Paul: Super(hairy)woman*, Ventil Verlag, 224 Seiten, 20,00 €
50 Ways to Leave Your Ehemann
Jacinta Nandi, 1980 in London geboren und seit 2000 in Berlin lebend, veröffentlichte unter anderem Beiträge für die taz, das Missy Magazine und Jungle World. In ihrem Werk „50 Ways to Leave Your Ehemann” berichtet die Autorin von ihren Wahrnehmungen als Alleinerziehende: „Es ist einfach nicht vorgesehen, dass Frauen ihre Männer verlassen. Nicht, wenn sie gewalttätige Männer verlassen wollen, aber auch nicht, wenn sie einfach faule Arschlöcher verlassen wollen, die nie den Abwasch machen.” Die Problematik, so schreibt es Nandi, beginne bereits damit, dass es für ganz normale Mütter mit ganz normal wenig Geld bereits schwer sei, ihren Mann überhaupt zu verlassen. Slutshaming, Mitleid und Rechtfertigungsdruck: Was bitte muss sich ändern, damit Frauen nicht zwangsweise eine Beziehung aufrecht erhalten müssen, die sie gar nicht mehr wollen?
Jacinta Nandi: 50 Ways to Leave Your Ehemann, Edition Nautilus, 230 Seiten, 20,00 €
Unlearn Patriarchy
Es sind häufig unbewusste toxische Strukturen, doch sie haben auch im 21. Jahrhundert immer noch Bestand: Bis heute herrscht das Patriarchat. Die drei Herausgeberinnen Lisa Jaspers, Naomi Ryland und Silvie Horch gehen in ihrem Feminismus-Buch „Unlearn Patriarchy” der Frage nach, „warum zur Hölle das immer noch so ist.” Der Sammelband vereint verschiedene bekannte Autor:innen und soll den Leser:innen Aufschluss verschaffen. Die Beitragenden haben dabei nicht nur ihre Erfahrungen aufgeschrieben, sie berichten auch von eigenen fatalen Denkmustern: „Sich gegen das Patriarchat zur Wehr zu setzen, ist besonders im Alltag schwierig. Denn Vieles ist uns so vertraut, dass wir es gar nicht hinterfragen.” Die Anthologie „Unlearn Patriarchy” unterstreicht, dass festgefahrene Handlungsmuster über sämtliche Gesellschaftsbereiche hinweg gebrochen werden können.
Lisa Jaspers (Hrsg.), Naomi Ryland (Hrsg.), Silvie Horch (Hrsg.): Unlearn Patriarchy, Ullstein, 320 Seiten, 22,99 €
Nie, nie, nie
Die Autorin Linn Strømsborg, Jahrgang 1986, hat seit ihrem Debütroman „Roskilde” drei weitere Werke verfasst – eines davon hört auf den Namen „Nie, nie, nie”. Darin hat die 35-jährige Erzählerin bereits vor vielen Jahren den Entschluss gefasst, keine Kinder bekommen zu wollen. Doch das Thema lässt sie nicht los, denn ihr Umfeld tut sich schwer damit, diese Haltung zu akzeptieren. Ob Freundeskreis, Eltern oder auch der Partner – die jeweiligen Beziehungen leiden unter diesem Zustand. Während die Mutter der Protagonistin hoffnungsvoll und unentwegt Babykleidung strickt und die beste Freundin Nachwuchs bekommt, gerät die Welt mehr und mehr aus den Fugen. Wieso erwartet die Gesellschaft per se von Frauen, dass sie Mutter werden möchten? Kann man nur mit Kind eine Familie sein? Linn Strømsborg legt den Finger in gleich mehrere Wunden.
Linn Strømsborg: Nie, nie, nie, Dumont, 256 Seiten, 12,00 €
Wut und Böse
Die Journalistin Ciana-Sophia Hoeder (SZ-Magazin, Rosa-Mag) möchte von ihrer weiblichen Leserschaft wissen: „Wann wart ihr das letzte Mal richtig wütend?” Denn sie stellt fest, dass Frauen, die ihrer Wut freien Lauf lassen, schnell ein schlechter Ruf nacheilt. In ihrem Werk „Wut und Böse” fordert Hoeder daher, dass Frauen sich diese wichtige Emotion wieder zurückerobern sollen, existiere doch schließlich ein strukturelles Verlangen, ihnen Wut abzusprechen. Und so geht die Autorin unter anderem folgenden Fragen nach: Inwiefern haben wütende Frauen die Geschichte und Popkultur geprägt? Und welchen Einfluss hat die Erziehung von Mädchen auf ihre seelische Gesundheit im späteren Leben? Ciana-Sophia Hoeder sprach hierzu mit verschiedenen Wissenschaftler:innen und kommt zu dem Schluss: Wut gehört auch für Frauen zum Leben dazu.
Ciana-Sophia Hoeder: Wut und Böse, Hanserblau, 208 Seiten, 18,00 €
Frauen schulden dir gar nichts
Ob pretty privilege, Catcalling oder Enthaarung: Das heutige Frauenbild, so schreibt Florence Given, ist weiterhin von Oberflächlichkeit und Sexismus geprägt. Mit „Frauen schulden dir gar nichts” (übersetzt von Eva Horn und Kathrin Weßling) ist der britischen Influencerin Florence Given ein echter Bestseller gelungen – die „feministische Ikone für die Generation Instagram“ darf sich über weltweit rund 400.000 verkaufte Exemplare freuen. Im Kern möchte die Autorin ihre Leser:innen dazu bewegen, sich von den vielen gesellschaftlichen Erwartungen freizumachen. Florence Given reflektiert dabei nicht nur den Umgang mit ihr als blonde, weiße, attraktive Frau – sie zeichnet in „Frauen schulden dir gar nichts” auch nach, wie sich ihr eigenes Denken zum Feminismus im Laufe der Zeit gewandelt hat.
Florence Given: Frauen schulden dir gar nichts, Kiepenheuer & Witsch, 288 Seiten, 14,00 €
Die Singuläre Frau
Die Essayistin, Erzählerin und Journalistin Katja Kullmann schildert in „Die Singuläre Frau” ihr Dasein als Frau ohne Begleitung. Kurz vor ihrem fünfzigsten Geburtstag wird der Autorin klar, dass sie längst den Status eines Langzeit-Singles eingenommen hat. Nachdem der erste Schock überwunden ist, begibt sich Kullmann auf Spurensuche: Die Singulären Frau – ob als Bürofräulein in der Weimarer Republik oder in der Rolle der (angeblich) einsamen Akademikerin der Gegenwart – stellt die wahre Heldin der Moderne dar! Hierzu spürt die Autorin literarischen, sozialen und popkulturellen Hinterlassenschaften von Frauen ohne Begleitung nach. Indem sie diese mit gegenwärtigen weiblichen Errungenschaften verknüpft, kommt Katja Kullmann zu einer beeindruckenden Neubewertung der alleinstehenden Frau und zum Feminismus.
Katja Kullmann: Die Singuläre Frau, Hanser, 336 Seiten, 24,00 €
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