Am 4. Mai startet die erste Ausgabe des Ausstellungsprojekts „Ruhr Ding“ zum Thema Territorien. 22 Kunstprojekte können in den Städten Bochum, Dortmund, Essen und Oberhausen entdeckt werden. Durch Touren zu Fuß oder per Rad in den einzelnen Städten sowie durch städteübergreifende Touren mit Rad und ÖPNV ist die Bewegung zu den Orten bereits Teil der Kunsterfahrung. Wir sprachen vorab mit Britta Peters, Künstlerische Leiterin von Urbane Künste Ruhr.
Zur Genese des aktuellen Themas „Territorien“ haben sie mal gesagt, dass das Brexit-Votum und der wachsende Nationalismus unter anderem Auslöser waren. Können Sie darauf noch näher eingehen?
Mir ist es wichtig, Themen zu nehmen, die mit der Region verbunden sind. Gleichzeitig sollen sie das Potenzial haben, globale Entwicklungen anzusprechen. Das ist bei Territorien der Fall. Es geht mir aber nicht darum, Thesen zum Thema zu illustrieren. Jedes Projekt ist als solches interessant – möchte ich behaupten – und erneut reizvoll, wenn man es nach seinem Bezug zu Identität und Territorium befragt.
Was war Ihnen darüber hinaus bei der Auswahl wichtig?
Mein Interesse gilt den Ideen der Künstlerinnen und Künstler, – Gruppen und der Zusammenarbeit vor Ort. Insbesondere bei Arbeiten im öffentlichen Raum finde ich es wichtig, dass es für ein heterogenes und breites Publikum unterschiedliche Anknüpfungspunkte gibt. Die Arbeiten sind also nicht zu abstrakt und selbstbezüglich, sondern eher sinnlich attraktiv und machen neugierig. Mir gefällt es, wenn es einen spontanen Zugang geben kann und gleichzeitig die Möglichkeit, immer weiter zu forschen und je nach Interesse tiefer einzusteigen.
Welche Wirkung erhoffen Sie sich?
Die Projekte fungieren als Wahrnehmungsverstärker, weil wir keine neutralen, institutionellen Räume bespielen, sondern die Projekte untrennbar mit den Orten verknüpft sind. Der Ort wird durch die Projekte geprägt und umgekehrt werden die Arbeiten auch durch den Ort geprägt. Das erhöht die Aufmerksamkeit für das, was einen umgibt.
Warum ist es wichtig, dass die (Irrlichter-)Touren, die dazu einladen sich auch mit den Wegen zwischen den Kunstprojekten zu beschäftigen, als Teil des Erlebnisses verstanden werden?
Wenn die Wahrnehmung durch das gemeinsame Beobachten und Gespräche geschärft ist, schaut man vielleicht erst mal richtig hin, wie es um einen herum aussieht. Das bedeutet auch eine stärkere Aufmerksamkeit für politische oder stadtplanerische Entscheidungen und ein größeres Bewusstsein dafür, dass das alles gemachte Entscheidungen sind, die auch verändert werden können.
Wie kann so ein Bewusstsein im Alltag ankommen?
Eine Offenheit gegenüber der Umgebung kann zum Beispiel ein entspannteres Verhältnis zur Zeit bedeuten. Dass man nicht immer so gestresst, in kürzester Zeit von A nach B kommen muss, sondern auch wahrnimmt, was am Wegesrand passiert. Diese Einladung zum „Irrlichtern“ist gedankliche Basis unserer Touren, die während des gesamten Ruhr Dings angeboten werden.
Was ist Ihnen seit Ihrem Antritt aufgefallen?
In der Region bildet sich sehr vieles gleichzeitig ab. Die historischen Spuren sind total präsent, gleichzeitig wird viel überbaut. Manchmal, wie zum Beispiel hier am Gerard-Mortier-Platz in Bochum, scheint dabei kein großer Masterplan vorhanden zu sein. Aber das führt auch dazu, dass es viele, sehr merkwürdige Stadtansichten gibt. Das fasziniert und schockiert mich gleichzeitig, noch kann ich mich aber daran kaum sattsehen.
Ruhr Ding – Territorien: 4.5-30.6., mehrere Orte, Ruhrgebiet; Informationen zu den Touren hier.