Drei Projekte – drei Ansätze: Gärtnern im Gemeinschaftsgarten

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Gemeinschaftsgärten liegen voll im Trend. Denn es gibt viele gute Gründe, über die Herkunft seines Gemüses zu sinnieren. An verschiedenen Orten in der Region könnt ihr eurem eigenen Gemüse Gemüse beim Wachsen zusehen. Alexandra von Braunschweig hat sich bei den Urban Gardening-Profis umgehört.

Ackerhelden | Düsseldorf, Essen, Recklinghausen

Sein eigener Herr im fremden Garten können die grünen Selbstversorger etwa bei den „Ackerhelden“ sein. An verschiedenen Standorten vermieten die Ackerhelden auf Feldern Gemüsegärten von etwa 40 Quadratmetern – mit allem Zipp und Zapp. Wenn die Hobbygärtner:innen zu Beginn der Saison zu „ihrem“ Stück Land kommen, stecken die biozertifizierten Gemüsesorten bereits schon vorgepflanzt im Boden. Von Anfang Mai bis Ende November kann man dann harken, zupfen, gießen, was das Zeug hält – und ernten. Wasser, Gartengeräte und natürlich auch viele Tipps von den Profis gehören mit zum Gesamtpaket.
ackerhelden.de

Urbanisten | Dortmund

Wenn sich die Betonung mehr auf die Gemeinschaft verlagern sollte, dann sind die Gärten das Richtige, in denen gemeinsam gewerkelt und am Ende die Ernte geteilt wird. „Von der großen Nachhaltigkeitsbewegung profitieren auch die Gemeinschaftsgärten“, sagt Jonas Runte, der bei den Urbanisten im Bereich „Urban Gardening“ arbeitet und der das Gemeinschaftsprojekt „Westgarten“ in Dortmund mitaufgebaut hat. Hier können sich Hobbygärtner:innen treffen, um zu fachsimplen, gemeinsam zu Harke und Schippe zugreifen und in etwa 40 Hochbeeten die Pflanzen zur Reife zu bringen. „Wer mithilft, kann auch ernten“, erklärt Jonas Runte. „Den meisten geht es zwar auch darum, leckere Sachen zu ernten. Aber vor allem geht es um die Gemeinschaft.“

Gemeinschaftsgarten und Corona

Deshalb kommen auch alle gern, um mit anzupacken. Während der Saison ist der Samstag dafür reserviert. Es wird verabredet, wer kommt. „Heute muss allerdings eher verabredet werden, wer nicht kommt“, sagt Jonas Runte und erklärt, wie Gemeinschaftsgärten in Zeiten von Corona funktionieren. Gemeinschaft ohne Geselligkeit ist schwierig – und nur halb so schön. Denn die Gemeinschaftsgärten sind ein guter Raum, um auf Leute abseits des eigenen Umfelds zu treffen. „Beim Machen lernt man sich schnell besser kennen“, findet auch Jonas Runte. Aktivitäten wie Grillabende tun da ihr übriges. Alles derzeit nur schwer umsetzbar. Und auch Neueinsteiger:innen steht das Gartentor nicht wie sonst sperrangelweit offen. Dass so einladende „Komm‘ vorbei und schaue es Dir an“ funktioniert in Corona-Zeiten nicht. Das sollte aber Interessierte an Gemeinschaftsgärten nicht von einer digitalen Kontaktaufnahme abhalten.
dieurbanisten.de

Solawi | Düsseldorf

Die Mitglieder von „Solawi Düsseldorf“ definieren Gemeinschaft noch einmal anders. Solawi steht für solidarische Landwirtschaft. Und dazu gehört nicht nur zu wissen, woher das Gemüse kommt, sondern auch eine Verantwortung gegenüber den Bäuer:innen und der Natur zu übernehmen. Finanziert wird das Projekt über einen monatlichen Mitgliederbeitrag. „Wir errechnen im Vorfeld, welche Ausgaben wir haben, und teilen die durch die Anteile“, sagt Esther Schneider, die im Vorstand bei „Solawi Düsseldof“ aktiv ist.

In diesem Jahr liegt der monatliche Beitrag im Durchschnitt bei 110 Euro. „Aber auch hier gilt das solidarische Prinzip“, erklärt Esther Schneider. Jedes Mitglied gibt an, wie viel es zahlen kann – die einen mehr, die anderen weniger. Wichtig ist nur, dass am Ende der Gesamtbetrag stimmt. Dafür bekommt jede:r einen festen Anteil, wobei die Möglichkeit besteht, sich den Part zu teilen. Das halbiert den Beitrag – aber natürlich auch die Ernte. Angelegt ist eine Mitgliedschaft auf ein Jahr, beginnend im April und das Ende liegt im März.

Solidarische Landwirtschaft: Jeder entscheidet mit

Die Mitgliedsbeiträge werden dazu verwendet, die Pflanzen zu kaufen sowie alle weiteren Anschaffungen. Den Hauptbatzen machen allerdings die Personalkosten aus. Denn damit auf den drei Flächen, die „Solawi Düsseldorf“ bewirtschaftet, alles wächst und gedeiht, werden Bäuer:innen angestellt. „Mit der Entkoppelung durch den Monatsbeitrag können wir faire Arbeitslöhne bezahlen“, sagt Esther Schneider. Und nicht nur das: Bei der solidarischen Landwirtschaft trägt nicht die Bäuer:in, sondern die Gemeinschaft das Risiko. Sollte aus welchen Gründen auch immer etwa die Rotkohl-Ernte ganz mickrig oder gar ganz ausfallen, dann trifft das alle und nicht nur die Bäuer:innen. Das ist auch einer der Unterschiede zur Abo-Kiste. Es ist aber nicht der einzige: Die Entscheidungen bei „Solawi Düsseldorf“ werden ganz basisdemokratisch getroffen. Eine der Fragen, bei denen die Mitglieder ihre Stimme abgeben können, ist die, was in der Saison auf den Feldern wachsen soll. Etwa 70 Sorten an Gemüse und Kräutern landen im Laufe eines Jahres bei den Mitgliedern auf dem Küchentisch – darunter viele regionale oder alte Sorten.

Es wird gekocht, was geerntet wird

Diese Art der Nahrungsbeschaffung „verändert den Alltag. Du musst dir genau überlegen, was gekocht wird“, findet Esther Schneider. Es wird nicht eingekauft, was gekocht werden soll, sondern es wird gekocht, was geerntet wird. Regionaler und saisonaler geht es nicht. „Ich habe plötzlich ganz viele Sorten bekommen, die ich vorher nicht kannte.“ Und Mengen, die das Gemüsefach immer gut füllen: Abhängig von der Jahreszeit können etwa 80 Prozent des Bedarfs auf diese Weise gedeckt werden.

Wenn die Natur von Mai bis Dezember in Geberlaune ist, dann fällt so viel ab, dass wöchentlich geerntet werden kann. Von Januar bis etwa April laufen die Bäuer:innen und Helfer:innen alle zwei Wochen durch die Reihen, sammeln das Gemüse ein und bringen es zu den Verteilpunkten, an denen jeder seinen Anteil abholen kann.
„Dieses Jahr hat uns einen totalen Run beschert“, sagt Esther Schneider. „Wir mussten zum ersten Mal Leuten absagen.“ Und das, obwohl neue Flächen hinzugekommen sind. Zwar ziehen immer wieder Mitmacher:innen nach einem Jahr die Bilanz, dass diese Form der kurzen Wege nichts für sie ist. Aber das ist nicht die Mehrheit, so Esther Schneider: „Etwa 70 Prozent bleiben dabei.“

Solawi wird von Ehrenamt getragen

Zum Gesamtpaket, das fürs Weitermachen spricht, kommt bestimmt auch die Tatsache, dass plötzlich wieder ein persönlicher Bezug zu den Lebensmitteln existiert, die hinterher auf dem Teller landen. Ein Aspekt, der vor allem Familien dazu bewegt, sich an dem Projekt zu beteiligen. Wer die Pflänzchen mitpflegt, wer sich Gedanken macht, ob es gerade zu heiß, zu kalt, zu nass ist, der schätzt die Tomaten oder den Kohlrabi vielleicht ganz anders wert. Denn trotz des Monatsbeitrags ist niemand davon befreit, mitzuarbeiten. „Es würde nicht funktionieren, wenn nicht alle mitanpacken“, sagt Esther Schneider. „Das Projekt wird vom Ehrenamt getragen.“ Die „Biete-Runde“ für diese Saison ist zwar gerade erst beendet, aber ein Platz auf der Warteliste ist immer frei – und vielleicht springt ja jemand ab.
solawi Düsseldorf

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