Der perfekte Ruhrlaubstag: Auf Achse im Osten

Vor der Zeche Zollern | Foto: Nils Hofmann
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Der Coronasommer 2020 lädt uns zum Umdenken ein: Muss es wirklich immer die Fernreise auf die Malediven sein? Oder kann ein gelungener Urlaub nicht auch direkt vor der Haustür starten? Gerade der Schmelztiegel Ruhrpott, wo Industriekultur, Natur und unterschiedlichste Nationalitäten aufeinandertreffen, hat eine ungeheure Vielfalt an sehenswerten Ausflugszielen zu bieten. Redakteurin Lina Niermann nimmt euch mit durch die östlichen Gefilde des Ruhrgebiets und lernt dabei ihre Heimatstadt noch einmal ganz neu kennen.  

Dortmund ist die drittgrößte Stadt NRWs und rühmt sich damit, über den größten Kanalhafen Europas zu verfügen. International bekannt ist sie insbesondere durch die sportlichen Erfolge des BVB. An meinem Ruhrlaubstag lasse ich allerdings nicht nur das Stadion, sondern auch andere bekannte Stationen wie den Florianturm oder den Phoenix-See links liegen und erkunde stattdessen den Nordwesten der Stadt. Meine Radtour führt mich durch verschiedene Parks, zur Kokerei Hansa und zur Zeche Zollern. Unterwegs zerre ich auch Fotograf Nils ins Rampenlicht, der schon alle anderen Redakteure bei ihren Ruhrlaubs-Touren begleitet hat, denn Minigolf macht allein doch nur halb so viel Spaß.

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Fredenbaum: die grüne Lunge des Dortmunder Nordens

Vom Dortmunder Hauptbahnhof geht es zum ersten Stopp des Tages, dem Fredenbaumpark. Jedes Jahr im Winter schlagen hier fahrende Händler, Ritter und Gaukler ihr Lager für den mittelalterlichen Lichterweihnachtsmarkt auf. Dann fließen Met und Beerenwein, Mittelalterbands spielen auf und Hobbyfotografen wuseln übers Gelände, um die illuminierten Bäume und schwimmenden Feuer möglichst stimmungsvoll einzufangen. Aber auch den Rest des Jahres über hat der rund 63 Hektar große Park im Norden der Stadt einiges zu bieten: Minigolf, Tischtennis und Tretbootfahren sind hier ebenso möglich wie Grillen an ausgewiesenen Plätzen (mit Anmeldung) und Beachvolleyball. Das große Tipi, ein Überbleibsel der Expo 2000 in Hannover, bildet das Zentrum der „Erlebniswelt am Fredenbaum“, einer städtischen Kinder- und Jugendeinrichtung. Hier können sich Kinder- und Jugendgruppen für verschiedenste Programme anmelden: vom Tipi-Klettern übers Bogenschießen bis hin zur Erlebnisnacht. Außerdem gibt es regelmäßig Angebote, die allen Kids offenstehen.

Grasende Schafe in der „Erlebniswelt am Fredenbaum“ | Foto: Nils Hofmann

Wer nicht nur Zerstreuung sucht, sondern auch geschichtliches Interesse mitbringt, sollte sich vorab das Themenheft „Fredenbaum“ (2/2015) vom Historischen Verein Dortmund besorgen. Darin erfährt man so ziemlich alles zur ältesten Parkanlage der Stadt, die einst ein städtischer Forst war. Was heute als eher zweckmäßiger Stadtpark (wenn auch mit wunderbar altem Baumbestand) daherkommt, war gegen Ende des 19. Jahrhunderts repräsentabler Ausflugsort mit prunkvollem Saalbau und Straßenbahnanschluss. Pferderennen, Flugschauen und andere Sportwettbewerbe fanden hier statt. Selbst Buffalo Bill gastierte 1891 mit seiner berühmten „Wild West Show“ im Park und ab 1912 konnten sich Arbeiter in einem eigenen „Luna-Vergnügungspark“ verlustieren.

Im Fredenbaumpark | Foto: Nils Hofmann

Glühendes Denkmal: Kokerei Hansa

Nach einer kleinen Parkrunde radeln Nils und ich in nordwestlicher Richtung weiter, passieren den Dortmund-Ems-Kanal und schon kurze Zeit später ragt die ehemalige Kokerei Hansa vor uns auf. Zu Spitzenzeiten wurden hier bis zu 5200 Tonnen Koks täglich produziert. Wer genau wissen will, wie aus Steinkohle Koks gemacht wurde, kann eine Führung buchen. Derzeit werden samstags und sonntags stündliche Kurzführungen (30 bis 45 Min.) angeboten. Wir rücken dem rostigen Koloss ohne Anleitung zur Leibe. Beeindruckt stehen wir vor riesigen Rohren, Kühlturmgerippen und mannshohen Kompressoren.

Kokerei Hansa | Foto: Nils Hofmann

In der Waschkaue baumeln hunderte Metallkörbe von der Decke und erinnern an die Zeit, als hier noch malocht wurde und die Arbeiter ihre Kleidung in den Körben verstauten, um sich im benachbarten Duschraum den Dreck des Tages von den Körpern zu schrubben. Heute wird das Industriedenkmal auch für Konzerte und Ausstellungen genutzt. Ein Besuch lohnt sich insbesondere zur Extraschicht, denn dann werden die Gebäude in buntes Licht getaucht und zur magischen Kulisse für Seilartisten, Feuerkünstler und Musiker.

In der Waschkaue der Kokerei Hansa | Foto: Nils Hofmann

Minigolf im Revierpark Wischlingen

Gute drei Kilometer entfernt liegt der Revierpark Wischlingen. Im Mai hat hier der neue „Adventure Golf Park“ eröffnet. Das Besondere an der eher kompakt gehaltenen Minigolf-Anlage: Es wird auf Kunstrasen gespielt! Und nicht nur das, die 18 Bahnen hat Inhaber Steffen Eich außerdem reviermäßig gestaltet. Da muss schon mal der Signal-Iduna-Park im Miniaturformat getunnelt oder der Ball gekonnt am Florianturm vorbeigeschlagen werden (was ziemlich Laune macht). Schön ist auch der kleine Bachlauf, der sich durch die gesamte Anlage schlängelt. Nach einem aufreibenden Match gönnen Nils und ich uns eine kleine Pause auf der Sonnenterrasse, mit einer kühlen Mirinda in der Hand und Blick auf den Revierparksee – so lässt’s sich aushalten.

Auf dem Minigolfplatz im Revierpark Wischlingen | Foto: Nils Hofmann
Nils muss auch vor die Kamera. | Foto: Lina Niermann

Zeche Zollern und Ausklang im Pferdestall

Westwärts radeln wir weiter durchs Dellwiger Bachtal, werfen einen kurzen Blick auf das pittoreske Wasserschloss Haus Dellwig und stehen schon bald vor den Werkstoren der ehemaligen Zeche Zollern. Und hier stellt sich die Frage: Steinkohlebergwerk oder Schlossanlage? So harmonisch sind die Gebäude um den Innenhof gruppiert, so aufwendig die Fassaden mit neugotischen Staffelgiebeln geschmückt, dass man meinen könnte, hier residierte einst ein Schlossherr und keine Bergbaugesellschaft. Keinesfalls verpassen sollte man die lichtdurchflutete Maschinenhalle der Musterzeche mit ihrem farbenprächtig verglasten Jugendstil-Portal. Dass sich die prima als Kulisse eignet, scheint sich herumgesprochen zu haben. Denn als wir die Halle betreten wollen, dreht gerade ein türkischer Sänger sein Musikvideo auf den Treppenstufen. Netterweise pausiert die Crew für uns, sodass wir schnell vorbeihuschen können.

Die Maschinenhalle auf Zeche Zollern | Foto: Nils Hofmann
Das Jugendstil-Portal| Foto: Lina Niermann

Anschließend geht’s in die Sonderausstellung „Revierfolklore“, die noch bis zum 25. Oktober läuft. Ob Filmplakate von kultigen Revierstreifen, Badeentchen mit Bergmannshelm oder metallene Henkelmänner: Rund 200 Exponate zeugen von der großen Verbundenheit der Menschen mit ihrer Heimat, aber auch von der geschickten Vermarktung der Region und ihrer bergmännischen Vergangenheit. Gerade Fußballvereine und Brauereien wissen dieses Image für sich zu nutzen. Ums kurz zu machen: Reinschauen lohnt sich!

Filmplakat in der Ausstellung „Revierfolklore“ | Foto: Nils Hofmann

Zum Ausklang des Tages entscheiden wir uns für die Einkehr im museumseigenen Restaurant Pferdestall. Der Biergarten im Backsteinhof ist bei dem sonnigen Wetter gut gefüllt. Neben zwei eigenen Biersorten wird hier Brauhausküche auf gehobenem Niveau serviert, teils mit regionalem Einschlag. So stehen etwa ein „Ruhrpott-Tapas-Menü“, „Westfälischer Panhas“ oder das „Dortmunder Krüstchen“ (Schnitzel mit Spiegelei auf geröstetem Brot) auf der Karte. Ich wähle das Zanderfilet und Nils den Rostbraten in Dunkelbierreduktion. Gut gesättigt fahren wir danach die letzten Meter zum Bahnhof Bövinghausen. Beim Warten auf die Bahn blicke ich noch einmal auf den Tag zurück und muss feststellen: Dortmund, du alte Heimatstadt hast doch wirklich immer wieder Neues zu bieten!

Die Qual der Wahl im Restaurant Pferdestall | Foto: Nils Hofmann
Zartes Zanderfilet | Foto: Nils Hofmann
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