Um bei Fisselregen und Frösteltemperaturen seine Komfortzone auf der Couch zu verlassen, braucht es schon wirklich gute Gründe. Bitte sehr. Alexandra von Braunschweig hat vier davon gefunden. Manchmal braucht es ein Ziel, um sich auf den Weg durch Wind und Wetter zu machen. Zum Glück sind wir in NRW – insbesondere im Ruhrgebiet – gesegnet mit vielen dieser Orte, die selbst die Kälte nicht schlecht machen kann. Hier ist eine Mini-Auswahl.
4x Ruhrgebiet, das überrascht
Themenroute Sakralbauten
Ein Gotteshaus muss nicht immer pompös und prunkvoll ausgestattet, groß und imposant sein, um eine besondere Wirkung zu haben. In der Themenroute „Sakralbauten“ der Route Industriekultur sind 72 Gotteshäuser mit einer besonderen Geschichte zusammengefasst.
In diesen erlauchten Kreis ist etwa die St. Ludgeruskirche in Schermbeck aufgenommen worden. Das Gotteshaus kann mit den drei Meilensteinen in der Historie aufwarten: 1841 erbaut, 1915 ersetzt worden durch eine Kirche im neu-romanischen Stil und 2011 von den Recklinghäuser Architekten Franz-Jörg Feja und Peter Kemper der Zeit angepasst. In dem eher puristischen Innenraum sind aber noch eine Reihe von Objekten verblieben, die als Zeitzeug:innen von den Vorgängerkirchen erzählen – wie der achteckige Taufbrunnen aus Sandstein.
Ein Meisterwerk ist die Scharoun-Kirche in Bochum, der einzige Kirchenbau des berühmten Architekten Hans Scharoun, der 1963 die Berliner Philharmonie errichtete. Und wer der tristen Jahreszeit gerne etwas Farbenfröhlichkeit entgegensetzen möchte, sollte auf seiner Route der Sakralbauten unbedingt den Hindu-Tempel Sri Kamadchi Ampal in Hamm einbauen. Er ist der zweitgrößter seiner Art in Europa und ziemlich beeindruckend. Damit der 700 Quadratmeter große Tempel auch allen Vorgaben entspricht, sind während seiner Bauzeit 2000 extra mehrere erfahrene Tempelbauer:innen aus Indien nach Nordrhein-Westfalen eingeflogen worden. Nun mag es verwundern, dass der Sri Kamadchi Ampal da steht, wo er steht – das ist unter anderem der Lage am Datteln-Hamm-Kanal geschuldet, der wird nämlich für die rituellen Waschungen genutzt.
Halde Rheinpreußen
Der Steinkohle-Bergbau ist bekanntlich Geschichte, doch das letzte Licht ist noch lange nicht erloschen. Auf der rund 100 Meter hohen Halde Rheinpreußen in Moers thront seit 2007 eine einzigartige Landmarke, die gerade in der dunklen Jahreszeit ein mehr als romantischer Anblick ist.
Der Künstler Otto Piene hat eine überdimensionale Grubenlampe entworfen, die abends leuchtet und ihre Umgebung in einen rotglühenden Fluss verwandelt. Natürlich kann „das Geleucht“ auch von innen besichtigt werden. Noch bis zum 19.12. ist die Aussichtsplattformen mittwochs, samstags und sonntags von 13 bis 16 Uhr geöffnet.
Sternwarten
Seit Jahrtausenden lassen sich die Menschen von den Sternen leiten. Und bis heute kann ein Blick in den Nachthimmel bei möglichst wenig Umgebungslicht niemanden wirklich kaltlassen.
Einer der schönsten, weil dunkelsten Orte in Europa, ist der Sternenpark in der Eifel. Dort werden nicht nur offene Führungen angeboten. Gruppen können auch individuelle Termine absprechen.
Falls das zu viel Draußen sein sollte, kann man sich auch die Sterne an den Himmel holen lassen. Täuschend echt erscheinen etwa die Sterne im Bochumer Planetarium, das als eines der modernsten in Europa gilt und mit seiner 360-Grad-Kuppel schon Generationen von Schulkindern die Geheimnisse des Universums nähergebracht hat. Und das gleiche gilt für das Planetarium im LWL-Museum für Naturkunde in Münster.
Bruchhauser Steine
Die ziemlich imposanten Steinriesen recken sich unweit des Örtchens Bruchhausen in den Himmel des Sauerlands. Und Jahr für Jahr können sich Scharen von Ausflugsgästen nicht an ihnen sattsehen. Und das Beste: Einer der Brocken darf sogar für ein entspanntes Selfie mit dem Gipfelkreuz beklettert werden.
Für einen Ausflug zu den Bruchhauser Steinen sollte man neben guten Wanderschuhen auch über ausreichend Zeit verfügen, denn selbst der abgekürzte Rundweg ist nicht mal eben im Vorbeigehen zu bewältigen.
Erst recht nicht, wenn man noch durch das am Rande des Weges stehende große Fernglas blicken möchte. Durch einen optischen Trick erscheint dann vor den Augen ein Bild der Region aus grauer Vorzeit. Das ist interaktives Wandern mit großem Spaßfaktor.
Ausflüge ins Ruhrgebiet: Frische Buchtipps
Das waren noch nicht genug Tipps? Zwei neue Bücher geben eine ganze Fülle von Ideen, wo es in der freien Zeit hingehen könnte.
Das Ruhrgebiet zu jeder Jahreszeit
„Das Ruhrgebiet zu jeder Jahreszeit“ (Klartext Verlag, 16.95 Euro, ISBN 978-3-8375-2530-4) hat nicht nur Draußen und Drinnen im Blick, sondern vor allem junge Leute. Alle 75 Aktivitäten sind so ausgewählt, dass Jungspunde eine schöne Zeit verbringen können. Damit das alles passt, haben die Tipps Student:innen ausgesucht und erprobt.
Ihr Vorschlag für den Winter: die Gluterthöhle im Ennepetal, da ist es eh immer kalt. Oder der Finkenkrug in Duisburg, da kann man sich bei 300 Biersorten das Wetter zumindest schöntrinken.
Heimatschätze: Ausflüge zu den schönsten Altstädten im Ruhrgebiet
Auch wenn im Krieg gerade im Ruhrgebiet viel zerstört worden ist, haben wir doch wunderschöne Städtchen mit historischem Kern. Sie erfahren in „Heimatschätze“ von Patrick Bierther (Klartext Verlag, 16.95 Euro, ISBN: 978-3-8375-2456-7) eine besondere Wertschätzung. Xanten, Moers, Hattingen oder Herdecke gehören unter anderem zu den vorgestellten Ausflugszielen.
Patrick Bierther gibt Tipps zu Sehenswürdigkeiten, zur Gastronomie, zur Anfahrt und welche Abstecher sich lohnen – das volle Serviceprogramm eben. Bei Hattingen-Blankenstein etwa empfiehlt er einen Abstecher nach Haus Kemnade und unter „Am Weg“ werden die Leser:innen zum Gethmanschen Garten gelotst. „Heimatschätze“ ist ein wunderbarer Ideengeber.
Mach dir deine Ruhrgebietswelt, wie sie dir gefällt