Laut UN Women Deutschland e.V. ist hierzulande jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen. Mehr noch: Alle 45 Minuten werden Frauen von ihrem Partner körperlich verletzt – und jeden dritten Tag tötet in Deutschland ein Mann seine (Ex-)Partnerin. Seit 1991 macht die Kampagne „Orange the World“ rund um den 25. November (Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen) auf diesen tragischen Umstand aufmerksam. Informieren und gemeinsam etwas verändern: Blickt mit uns auf dieses wichtige Thema!
Stopp Gewalt gegen Frauen
Wer geschlechtsspezifische Gewalt in all ihren Facetten verstehen möchte, muss sich vor Augen halten, dass diese bereits bei Alltagssexismus beginnt und mit Femiziden, also der Tötung von Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts, endet. Das diesjährige Motto der Kampagne „Orange the World“ lautet „Stopp Gewalt gegen Frauen”. Der Verein UN Women Deutschland macht in diesem Zuge deutlich, dass es sich dabei keineswegs ausschließlich um ein „Frauenproblem” handele. Auch Männer seien dazu aufgerufen, sich als handlungsfähige Verbündete ganz entschieden gegen Gewalt an Frauen und Mädchen einzusetzen. Ein optisches Signal wird alljährlich mit der orangen Beleuchtung öffentlicher Gebäude gesetzt – nicht nur vor dem Hintergrund der Energiekrise bestehen jedoch noch viele weitere Möglichkeiten, um für die Thematik zu sensibilisieren.
Orange the world 2022: Stopp Gewalt gegen Frauen
ZONTA says No
Der ZONTA Club Dortmund hat kürzlich bekanntgegeben, dass er nach drei sehr nachhaltigen „Orange Your City”-Aktionen in diesem Jahr aus energiepolitischen Gründen keine Gebäude illuminieren wird. Daher sind Unternehmen, Behörden und Kultureinrichtungen dazu aufgerufen, stattdessen mit Testimonials, Schulungen und Aktionen im Stadtraum auf Gewalt an Frauen aufmerksam zu machen. So macht etwa Heike Marzen, Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderung Dortmund, klar: „Gewalt an Mädchen und Frauen ist kein vereinzeltes Thema in fernen Ländern. Es ist ein weltweit grassierendes Problem. Deshalb unterstütze ich »ZONTA says No« und sage »Nein zu Gewalt an Frauen«.” Der ZONTA Club Dortmund setzt sich dafür ein, die Lebenssituation anderer Menschen – vor allem anderer Frauen – in sozialer, gesundheitlicher, beruflicher, rechtlicher und politischer Hinsicht zu verbessern.
ZONTA says No, Club of Dortmund
Angst trifft Mut
Im Rahmen von „Orange the World 2022” zeigt das Café Toré im Kulturbunker Köln-Mülheim vom 23.11. bis zum 10.12.2022 die Ausstellung „ANGST trifft MUT”. Mit orange gekleideten Schaufensterpuppen macht diese auf den Umstand aufmerksam, dass häusliche Gewalt ein weltweites Problem darstellt und in sämtlichen Kulturen und sozialen Schichten auftritt. Stellvertretend für die von Gewalt betroffenen Frauen „erzählen” die Puppen mithilfe von Aufstellern eine Zusammenfassung persönlicher Geschichten. Präsentiert wird die Ausstellung vom Kölner Aktionsbündnis Orange Days.
Angst trifft Mut, Café Toré im Kulturbunker Köln-Mülheim, Berliner Str. 20, 51063 Köln
Anonyme Spurensicherung
Fakt ist: Viele Strafverfahren gegen sexualisierte Gewalt werden aus Mangel an Beweisen eingestellt. Was tun, um bei dieser schwierigen juristischen Lage dennoch gerichtsfeste Beweise sicherstellen zu lassen – etwa im Falle einer Vergewaltigung? Wie ist es möglich, die persönliche Glaubwürdigkeit zu untermauern? Das deutschlandweite Projekt der Anonymen Spurensicherung (ASS) ermöglicht es Betroffenen, Spuren nach einer Vergewaltigung sichern zu lassen, ohne dass sie sofort eine Anzeige erstatten müssen. Die dennoch rechtssichere ärztliche Dokumentation von Verletzungen ist somit garantiert. Da diese Spuren bis zu zehn Jahre für einen etwaigen Gerichtsprozess aufbewahrt werden, haben Betroffene die Möglichkeit, sich in Ruhe zu überlegen, ob und wann sie eine Anzeige erstatten möchten. Die ASS vermittelt entsprechende Kliniken zur anonymen Spurensicherung, zum Beispiel in Bochum.
Anonyme Spurensicherung Bochum: Spurensicherung nach sexueller Gewalt ohne Anzeige
Alle drei Tage
Morde, über die niemand spricht: Alle drei Tage wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Morde an Frauen durch unbekannte Täter sind in dieser Statistik nicht einmal berücksichtigt. In ihrem Werk „Alle drei Tage” zeigen Laura Backes und Margherita Bettoni eindrücklich auf, dass es sich bei der Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts um ein ernstzunehmendes und vor allem gesamtgesellschaftliches Problem handelt. Gleichzeitig findet ein Verdecken patriarchalischer Macht- und Gewaltmuster statt, indem diese Morde mitunter als Familientragödien verharmlost werden. Das Journalistinnen-Duo sprach mit Überlebenden, hat Experten befragt und die Motive männlicher Gewalt unter die Lupe genommen. Herausgekommen ist eine erschütternde Analyse, die zeigt, dass die Thematik der Femizide uns alle angeht.
Laura Backes und Margherita Bettoni: „Alle drei Tage: Warum Männer Frauen töten und was wir dagegen tun müssen” (DVA, 208 Seiten)
(K)ein Einzelfall – Gewalt gegen Frauen
Wann beginnt Gewalt gegen Frauen: Beim bösen Wort? Bei der Ohrfeige? Beim ungefragten Anfassen und Bedrängen? Oder erst bei einem sexuellen Übergriff? Die Überlegungen zeigen, dass Gewalt an Mädchen und Frauen viele Facetten hat, und dass sie deshalb nicht immer gleich erkennbar ist. In der Folge „(K)ein Einzelfall – Gewalt gegen Frauen” des WDR-Landespolitik-Podcasts „RheinBlick” gehen die drei Journalistinnen Daniela Junghans, Heike Zafar und Heide Rasche der Frage nach, wie derzeit überhaupt über diese Debatte gesprochen wird. Das Trio beleuchtet dabei die Situation betroffener Frauen und stellt gleichzeitig verschiedene Hilfsangebote vor.
Podcast: (K)ein Einzelfall – Gewalt gegen Frauen
Nur eine Frau
Es ist ein aufwühlendes Filmdokument, das die Regisseurin Sherry Hormann mit „Nur eine Frau” vorgelegt hat: Während der fünfjährige Sohn Can nur wenige Meter entfernt in der Wohnung schläft, wird Aynur (Almila Bagriacik) auf offener Straße an einer Bushaltestelle von ihrem Bruder Nuri (Rauand Taleb) erschossen. In der Retrospektive erzählt der Film Aynurs Geschichte: Eine selbstbewusste junge Frau, die genau wusste, wie sie ihr Leben leben wollte. Die der Gewalt in ihrer Ehe entfloh und sich auch ihren Brüdern und Eltern widersetzte. Stets mit dem Wissen, dass sie sich damit gegen die Tradition ihrer Familie stellte und gleichzeitig in Gefahr begab, spürte Aynur ihrem Freiheitsdrang nach. Bis die Beleidigungen und Drohungen ihrer Brüder ein beängstigendes Ausmaß erreichten … „Nur eine Frau” liefert einen wichtigen Beitrag zur Ehrenmord-Diskussion.
Film: Nur eine Frau (2019, Regie: Sherry Hormann), u.a. zu sehen bei Amazon Prime
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