Wieder Leben in der Stadt: Zukunft der Innenstädte

Foto: Lina Niermann
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Wo früher zwei H&M-Filialen, ein Saturn und eine Mayersche ausreichten, um die Massen in die Fußgängerzonen zu locken, herrscht nun oft Flaute. Schon seit Jahren macht der bequeme Online-Handel den Innenstädten Konkurrenz. Doch wie holt man die Menschen weg vom PC? Und was kann man tun, damit Innenstädte wieder zu Treffpunkten werden? Ein Bundeskongress im Anneliese Brost Musikforum Ruhr geht am 10. April genau diesen Fragen nach. Die Zauberformel heißt: Multifunktionalität.

„Offline-Strategien für die Innenstadt der Zukunft“, so lautet der sperrige Titel des Kongresses. Klingt erst mal nach schwerverdaulicher Theorie-Kost? Ganz im Gegenteil, versichern die Beteiligten.  „Der Fokus liegt auf Beispielen aus der Praxis“, sagte Ralf M. Beckmann von der Stadt + Handel Dienstleistungen GbR bei einer Pressekonferenz in der Rotunde. Rund 400 Experten aus den Bereichen Gastronomie, Marketing, Handel, Immobilienwirtschaft, Politik und Gesellschaft werden erwartet. Damit möglichst viele davon zu Wort kommen, haben die Veranstalter die Redezeit auf maximal zehn Minuten pro Vortrag begrenzt.

Einer der Referenten wird Mark Rauschen sein, ein Modehändler, der in Osnabrück mit dem L&T ein Sporthaus mit Erlebnischarakter geschaffen hat. Im L&T kann im Erdgeschoss auf einer stehenden Welle gesurft und an der Boulder-Wand geklettert werden. In hauseigenen Restaurants und Cafés darf man sich anschließend entspannen oder in der L&T Markthalle noch seine Feierabendbesorgungen erledigen. Diese und ähnliche Beispiele sollen Stadtakteuren Anregungen geben, in welche Richtung es zukünftig gehen kann. Auch das Bermuda3Eck sowie der Kongressort – das Anneliese Brost Musikforum –  werden als Vorzeigeprojekte Thema sein, in einem Vortrag des Bochumer Stadtbaurates Dr. Markus Bradtke. Mit dem Kongress „möchten wir etwas Silicon Valley in die Innenstädte tragen“, sagte Edgar Neufeld von der Standortentwicklung Neufeld. Aufbruchsstimmung und Mut zum Querdenken soll die Tagung also bewirken. Laut Bradtke geht es insbesondere darum, von anderen zu lernen, neue Ideen zu entwickeln und wichtige Kontakte zu knüpfen.

Der stationäre Einzelhandel habe seine Strahlkraft verloren, meint Bradtke. Die Innenstädte bräuchten eine neue Programmierung. Statt monofunktionalen Einkaufsmeilen stellen sich die Veranstalter die Innenstadt der Zukunft multifunktional vor: Mit Produktionsstätten von Start-ups und mehr Wohnungen direkt im Zentrum. Die Innenstädte sollen wieder zu „Orten der Begegnung“ werden, so das Credo. Als Beispiel nannten die Veranstalter die in Bochum geplante Markthalle im Telekomgebäude direkt gegenüber vom Rathaus. Dort soll nicht nur flaniert, eingekauft und entspannt gegessen werden, sondern zugleich sollen Menschen auch die Möglichkeit haben, ihren Wissensdurst in Bibliothek und Volkshochschule zu stillen. Diese werden nämlich ebenfalls in die Immobilie einziehen. „Wir möchten Angebote machen, die man online so nicht bekommt. Wo man Dinge erleben, anfassen und spüren kann“, erklärte Markus Bradtke.

Der Kongress richtet sich vornehmlich an Fachpublikum. Auch Gründern bietet er eine Plattform: Beim Start-up Pitch können sie ihre Ideen präsentieren und Preisgelder von insgesamt 3.000 Euro absahnen. Den Abschluss bildet ein Urbanitätsfestival ab 18 Uhr. Dort darf fleißig weiter genetzwerkt werden und lokale Gründer aus Bochum stellen ihre Geschäftsmodelle vor. Für Musik sorgen Pamela Falcon und Musical-Darsteller vom Starlight-Express.

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