Antiquariate in Zeiten des Internets: Was geht, was nicht?

Bücherstapel im Heinrich Heine Antiquariat in Düsseldorf | Foto: Konrad Bender
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In Zeiten des Internethandels werden klassische Ladenantiquariate zunehmend zur Seltenheit. Trotzdem, oder gerade deshalb, spielen sie eine wichtige Rolle im Buchhandel, dienen als Ort des Wiederverkaufs, des Erhalts und des Austauschs. Wir haben uns zwei Vertreter ihrer Zunft näher angeschaut, in Bochum und in Düsseldorf.

Ubu-Antiquariat, Bochum

„Hesse und Fromm gehen immer. ‚Der Steppenwolf‘, ‚ Die Kunst des Liebens‘, gerade die jungen Leute wollen das lesen. Wirkt wie eine Einstiegsdroge.“ Wolfgang Jöst weiß sehr genau, welche Bücher er auf Vorrat haben muss: „Bibeln brauche ich auch ständig.“ Bereits seit 1986 führt er das Ubu-Antiquariat in der Universitätsstraße in Bochum. Das Ladenlokal ist bis unter die Decke mit Büchern gefüllt, vor den einzelnen Regalen stehen hüfthohe Stapel gebundenen Papiers und auch der Verkaufstresen will erst entdeckt werden. Mittlerweile ist das Antiquariat fast selbst schon ein Relikt der Vergangenheit.

„Früher gab es mehr Antiquariate in Bochum, ja“, weiß Jöst zu berichten. Dabei seien diese auf verschiedene Art und Weise nach und nach verschwunden. Manche haben sich auf Bücherbörsen spezialisiert, andere haben den Ort gewechselt und wieder andere haben sich ganz auf den Online-Handel spezialisiert und lediglich das Ladenlokal geschlossen. „Im Kunsthandel ist das ähnlich: Der Markt für die unteren und mittleren Werke bricht weg. Mit einer Spezialisierung könnte man sich da aber durchsetzen.“, so Jöst. Das Ubu-Antiquariat scheint aber zu laufen. Gerade erst habe Jöst einige Bücher bei einem Spendenverkauf für 50 Cent das Stück ergattern können. Je nach Qualität gehen die Taschenbücher dann für einige Euro über den Tresen, gut erhaltene Kinder- und Jugendbücher mit Bebilderung erzielen häufig sogar zweistellige Beträge. „Michael Ende ist immer sehr beliebt. Und Astrid Lindgren.“

Heinrich Heine Antiquariat, Düsseldorf

„Taschenbücher sind zwar keine Umsatzbringer, aber Türöffner.“, weiß man auch im Heinrich-Heine-Antiquariat in Düsseldorf. Wenn das Wetter mitspielt, steht taschenfreundliche Lektüre in Kisten vor dem Laden. Stephan Lustenberger und Christoph Schäfer betreiben das Antiquariat seit 1990. Auch sie bemerken einen Rückgang der „klassischen“ Ladenantiquariate und haben selbst ein Internetangebot. „Im Netz haben wir Sammlerstücke und spannende Werke gelistet.“, erklärt Schäfer. Den ganzen Bestand online zu stellen wäre hingegen ein riesiger Aufwand. Ihr Kundenstamm ist sehr heterogen. „Es gibt nicht wirklich einen typischen Tag. Hin und wieder kommt eine Städtetour vorbei, die schauen dann gerne rein. Seit zwei Jahren kommen aber auch viele junge Menschen, so die ‚Generation Schallplatte‘.“, so Schäfer.

Foto: Konrad Bender

Im Ankauf ist den beiden Antiquaren vor allem wichtig, dass sie spannende und auch seltene Bücher ergattern können. Das ist mit einigem Aufwand verbunden. „Erst kürzlich haben wir eine Privatbibliothek aufgelöst. Das sind manchmal bis zu 16000 Bücher.“, berichtet Schäfer. Der gezielte Einkauf gestaltet sich so schwierig. Dementsprechend könne ein Antiquariat gar nicht den pädagogischen Auftrag erfüllen, wie es etwa bei einer herkömmlichen Buchhandlung der Fall ist. „Wir sind eher ein Begegnungs- und Austauschort. Hauptsache, die Leute haben ein Buch in der Hand“, erklärt Lustenberger. Ob es auch etwas gäbe, was die beiden nicht ankaufen? „Nazi-Kram“, antwortet Schäfer ohne zu zögern. „Und Sarrazin.“

Fotos: Konrad Bender

Ubu-Antiquariat, Universitätsstraße 39/41, Bochum
Heinrich Heine Antiquariat, Citadellstraße 9, Düsseldorf

Weitere Antiquariate im Ruhrgebiet

Schmöckerstube, Synagogenplatz 3, Mülheim

Der Bücher-Bär, Düsseldorfer Straße 226, Mülheim

Antiquariat Inge Groß, Kappenstraße 5, Mülheim

Buchhandlung Erlenkämper, Hochsstraße 35, Bottrop

Zweitbuch, Schmachtendorfer Straße 155, Oberhausen

Wiebus‘ Buchhandlung & Antiquariat, Steinbrinkstraße 249, Oberhausen

Antiquariat Küpperbusch, Wilhelm-Schroeder-Straße 19, Moers

Peter Joemann, Hohe Straße 8, Datteln

Buchhandlung Peter Paul Streubel, Herrenstraße 14, Recklinghausen

Buchhandlung Schramm, Kaiserstraße 162, Herten

Borbecker Bücherbude, Heinrich-Brauns-Straße 9, Essen

Antiquariat Schmidt, Brunnenstraße 42, Essen

Steeler Antiquariat, Eickelkamp 11, Essen

Antiquariat bux, Overwegstraße  28, Gelsenkirchen

Der Papiersammler, Osterfeldstr. 37, Wetter

Antik Stube, Kampstraße 2, Herdecke

Le chat qui lit, Harnackstraße 32, Dortmund

Antiquariat Joachim Schröter, Rotdornweg 3, Unna

Antiquariat Edmund Peter, Oststraße 28, Hamm

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