100 Jahre Volkshochschule Essen: Jetzt wird gefeiert

Essener VHS-Gebäude am Burgplatz Foto: Olaf Mahlstedt
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Vom Niederländisch-Kurs über das 10-Finger-Tastschreiben bis zu Klangschalenmassage-Tutorials: Die Volkshochschule sorgt dafür, dass Bürger sich ein Leben lang weiterbilden können. In Essen feiert die VHS dieses Jahr ihren 100. Geburtstag. Uns gewährte sie Einblicke, was vor einem Jahrhundert im Kurskatalog stand, wie das Jubiläum zelebriert wird und wie Bildung zum Aufbruch führt.

1912: Erste Adresse der VHS, das Keramikhaus
Foto: Sammlung Robert Welzel

Rund 80 000 Teilnehmer besuchen gut 2000 Weiterbildungsangebote im Jahr, das macht etwa 100 000 Unterrichtsstunden – allein an der VHS in Essen. Beeindruckende Zahlen, die zeigen, dass es dem Menschen auch abseits von Schule und Uni immer noch nach Bildung dürstet. „Unsere beliebtesten Angebote sind Kultur und Gestalten, Deutsch als Fremdsprache, allgemein Sprachkurse und auch Schulabschlüsse“, weiß Nikolaos Georgakis, der nicht nur in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der VHS tätig ist, sondern auch den Bereich „Psychologie, Gesundheit, Medizin“ in Essen leitet. Als das erste Programm 1919 veröffentlicht wurde, sah das Angebot noch etwas anders aus. „Es gab 75 Veranstaltungen“, berichtet Georgakis. „So referierte ein Religions- und Oberlehrer in der Abteilung ‚Weltanschauung und Seelenkunde‘ über ‚moderne Erziehungsfragen‘. In der Abteilung Technik sprach ein Diplom-Ingenieur über die ‚Kinematographie als Volksbildungsmittel‘.“ Auch dabei: Wissenswertes zur Ruhrkohle, Experimentalvorträge zu Elektrizität, Verrücktes „aus der Wunderwelt des Mikroskops“ oder der Spannungskracher „Die Glocke in Geschichte, Sage, Volksglaube und Volksbrauch“. Über die Jahre wurde das Angebot immer ausdifferenzierter, heute findet sich für so gut wie jedes Interesse ein passendes Angebot. Überdies bietet die VHS auch kostenlose Beratung zur beruflichen Entwicklung an, schult in Soft Skills für den Job wie Gesprächsführung oder Zeitmanagment und treibt die Alphabetisierung voran. Eine der kuriosesten Tätigkeiten der VHS ist dabei sicherlich das Sex-Telefon, welches 1978 an die Strippe ging. „Zur Beratung standen ein Psychotherapeut und ein Facharzt zur Verfügung, die jeweils montags von 19 bis 21 Uhr erreicht werden konnten. Das Telefon war ein großer Erfolg“, erklärt Georgakis das Angebot zur sexuellen Aufklärung, dass Ende der 70er-Jahre den gesellschaftlichen Wandel hin zu einer offeneren Kultur mit vorantrieb.

Antrieb und Aufbruch sind generell zwei Schlagworte, mit denen man das Prinzip Volkshochschule gerne schmücken darf. Das gilt insbesondere für die Essener VHS, der eine Vorreiterrolle im Volksbildungswesen zugeschrieben wird, wurde sie doch schon am 28. Mai 1919 ins Leben gerufen – weit vor den Beschlüssen der Weimarer Verfassung, in denen im späten Sommer des gleichen Jahres festgehalten wurde, dass das Volksbildungswesen von Reich, Ländern und Gemeinden gefördert werden solle. Kurz nach dem Ersten Weltkrieg verstand man diese Öffnung der Bildung für die breite Bevölkerung als Aufbruch in eine demokratischere Gesellschaft. Nicht zufällig lautet das Motto des Essener VHS-Jubiläums daher „Aufbrüche“. Georgakis erläutert: „Aufbrüche fordern uns zum Mitmachen auf, sie sind so stark wie die Menschen, die bereit sind, sich auf Fremdes und Ungewisses einzulassen.“ Weiter findet er: „‚Aufbrüche‘ sind ein zeitloses Phänomen, heute so aktuell wie 1919, als es nach Kriegsende und Revolution zu zahlreichen Aufbrüchen in Politik, Justiz, Bildung, in Kunst und Kultur kam. In besonderer Weise sehen wir uns daher in der Tradition der Aufbrüche, sei es auf gesellschaftlicher oder ganz persönlicher Ebene. Hier wird eine optimistische Weltsicht begründet, die wir vielleicht heute genauso nötig haben wie vor 100 Jahren.“

Zum Jubiläumsprogramm gehören verschiedenste Ausstellungen, Aufführungen, Vorträge und Exkursionen, an denen sich etliche Essener Kulturinstitutionen vom Ruhr Museum über die Filmkunsttheater bis zum GOP beteiligen. Der Startschuss fällt am 10.2. bei einem Festakt in der Lichtburg mit Filmpremiere.

Festakt: 10.2. (ab 11 Uhr), Lichtburg, Essen (Eintritt frei, Anmeldung erforderlich über
presse@vhs.essen.de)

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