Wenn Gäste einen Vogel haben: Papageiencafé eröffnet

Foto: Dominique Schroller
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Mit bunten Vögeln kennt Heike Mundt sich aus. Die Bochumerin ist Expertin für Papageien und macht den Besuch in ihrem Park nun zum Erlebnis. Bei Kaffee und Kuchen können die Gäste sich dort tierisch gut unterhalten.

Es ist laut in diesem speziellen Lokal und irgendwer quatscht immer dazwischen – ganz wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Unbeteiligte haben viel zu lachen, denn unachtsame Gäste haben schnell einen Vogel oder müssen zusehen, wie ihr Kuchen auf Wanderschaft geht.  Arthur ist besonders findig, wenn es darum geht, etwas zu stibitzen. Erst kommt das Ablenkungsmanöver, dann der Überraschungsangriff und schon sind nur noch Krümel übrig. „Im Probebetrieb hat er eine Streuselspur hinter sich hergezogen, doch wir hatten alle sehr viel Spaß“, berichtet Heike Mundt lachend.

500 Vögel im Park

Die Bochumerin hat nicht nur einen Vogel, sondern 500 und bietet ab sofort  Erlebnisgastronomie der besonderen Art. In ihrem Papageiencafé am Gersteinring 5 geht es tierisch turbulent zu. Wer die beiden Sicherheitsschleusen hinter sich gebracht hat, sitzt nicht im Käfig, sondern kann unter Palmen Kaffee und Kuchen genießen, sofern er dazu kommt. Denn um ihn herum übernimmt verschiedenes Federvieh die Unterhaltung. Ara Jule sitzt gerne dekorativ auf einer Stuhllehne und haucht ihrem Nebenmann ein charmantes „Hallo“ ins Ohr, während Edelpapagei Lisa die Damen neu frisiert.

Kea Arthur ist der Clown des Ensembles und immer zu Schabernack aufgelegt. Wenn er nicht gerade mithilfe der Teetasse eine Überschwemmung verursacht und anschließend pflichtschuldig mit dem Putzlappen anrückt, kneift er auch gerne mal jemanden keck ins Hinterteil. Etwa einem Gast. „Der Herr hat es ihm aber nicht übel genommen“, sagt Heike Mundt. Sie lässt ihren Komiker bewusst  nur stundenweise auf die Gäste los, damit die nicht zuviel Federn lassen müssen. Denn einen Benimmkurs haben die Vögel für den Cafébetrieb nicht bekommen. „Genauso wie die Gäste sollen sie in erster Linie Spaß haben. Die Tiere lieben es, mit den Leuten zu schäkern.“ Die Expertin sucht dazu bewusst die entsprechenden Exemplare aus, damit es nicht zu bissigen Begegnungen kommt.

Eine Lebensaufgabe

Sie hält, züchtet und verkauft seit 32 Jahren Papageien und kennt jedes ihrer Tiere ganz genau. „Eine besondere Beziehung habe ich meistens zu den kranken Tieren. Sie bleiben eine Lebensaufgabe.“ So wie Jule, die bereits mehrere Operationen hinter sich hat oder Arthur, dem ein Auge fehlt. Je intensiver sie sich mit den unterschiedlichen Arten beschäftigt hat, umso mehr hat sie deren Intelligenz, ihre Schönheit und das Sozialverhalten fasziniert. „Ich habe beobachtet, wie sie miteinander kommunizieren und wie sie lernen.“
Angefangen hat alles mit einem Graupapagei, den jemand in der Zoohandlung ihres damaligen Partners abgegeben hat. Der sollte nicht alleine bleiben und schon hatte das Paar ein paar Papageien. „Da habe ich begonnen, mich dafür zu interessieren“, erinnert sich Heike Mundt. Die gelernte Arzthelferin kam eigentlich aus der Aquarianer-Szene, doch sie durchlief im Zeitraffer die Evolution vom Wasser in die Luft und ihrer Leidenschaft wuchsen Flügel. „Das Ganze entwickelte eine rasante Eigendynamik“, sagt Mundt. „Die Kunden fragten ganz gezielt, ob wir auch Papageien verkaufen. Da aber nicht jeder Vogel für jeden geeignet ist, brauchten wir mehrere Arten.“

Park auf 1200 Quadratmetern

Entsprechend vergrößerte sich die Zoohandlung von 60 auf 300 und schließlich auf 1200 Quadratmeter. Heike Mundt eignete sich immer mehr Wissen über ihre gefiederten Freunde an und begann schließlich ihr eigenes Papageien-Paradies zu schaffen. „Die Volieren sind alle selbst gebaut, ich kenne jede Schraube hier beim Vornamen.“ Sie züchtet und verkauft die Tiere nicht nur, sie arbeitet auch mit Tierärzten und Biologen zusammen und berät die Besitzer zu einer möglichst artgerechten Haltung. Sich selbst würde sie keinen ihrer bunten Vögel verkaufen. „Denn ich bin den ganzen Tag nicht zu Hause. Deshalb sind auch alle meine Papageien hier“, berichtet die Expertin lachend.

Die Idee, neben der großen Freiflugvoliere ein Café zu eröffnen, entstand auf Nachfrage. „Meine Kunden haben mich immer wieder angesprochen, ob sie hier nicht auch einen Kaffee oder ein Stück Kuchen bekommen könnten und so haben wir spontan beschlossen, beides zu verbinden.“ Doch der Genehmigungsmarathon gestaltete sich schwieriger als erwartet. „Wir konnten schnell belegen, dass es den Tieren dabei gut geht. Doch die Hygieneauflagen waren ein Problem.“ Für das die 55-Jährige kreative Lösungen fand: Der selbstgebackene Kuchen wird nicht auf einem Tellerchen serviert, sondern steht in Brotdosen verpackt im Kühlschrank bereit, damit die Papageien sich nicht selbst bedienen. „Kuchen steht zwar eigentlich nicht auf ihrem Speiseplan, doch wenn sie ihn bekommen, fressen sie ihn natürlich gerne“, sagt Heinke Mundt lachend. Sie freut sich auf viele tierliebe Gäste und wenn die Glück haben, singt ihnen Kakadu Jacko vielleicht auch „Hänschen klein“ vor. Damit hat sich der vorwitzige Vogel bereits beim Supertalent in die Herzen der Zuschauer gekrächzt und immerhin Platz vier belegt.

Papageiencafé, Gersteinring 5, Bochum

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