Musik von hier 10/2024: Großes Finale mit 14 Acts

Letzte Runde, dafür einmal alles: 11 Acts zeigen euch den musikalischen Weg für die letzten Tage 2024. Foto: Canva
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Düster ist es draußen, aber meist auch muckelig angenehm auf der Couch. Wo auch immer ihr seid, hier sind die 14 letzten NRW-Acts, die wir euch in „Musik von hier“ im Jahr 2024 vorstellen. Dicke Ladung, aber das habt ihr euch verdient. Dreht auf und nervt eure Liebsten mit euren frisch entdeckten Favoriten!

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One Take Wonder – Krankenschein am Montag

Herrlich schräger Trash mit äußerst unterschiedlichen Facetten wie Krautrock, Punk, Pop und Electro kommt dank One Take Wonder aus Gelsenkirchen. Musik, die man in den 90s mit einem breiten Grinsen auf Bravo-Hits-Samplern entdeckt hätte. Gunnar Köllmann verbirgt sich hinter dem Projekt und packt skurrile Lebensmomente in Songs, die irritieren, aber gleichzeitig gut unterhalten. Da wird gnadenlos bei „Feliz Navidad“ gezockt und die daraus resultierende Corona-Pandemie-Nummer „Paris (war nie da)“ präsentiert, genauso wie Konsumkritik in „Amazon, das hamma schon“ und Ruhrgebietsliebe in „A40 Stau“. Wirklich catchy ist aber besonders „Vapen aufm Klo“, das fast schon Deichkind-Qualität besitzt. Witzig, selbstironisch und komplett handmade. Der Künstler droppt regelmäßig neue Singles. Einfach folgen und so dem Alltag eine kleine No-Brainer-Pause gönnen. Bereits veröffentlicht

Christopher Annen & Francesco Wilking – Gut so allein

Wenn zwei Generationen aufeinander treffen: Francesco Wilking hatte sowohl mit seiner Band Tele als auch mit Die Höchste Eisenbahn ordentlich Einfluss auf die 00er und 10er Jahre der deutschen Indie-Pop-Musik. Seit 2016 gehört hingegen das Kölner Trio AnnenMayKantereit zu den absolut stärksten Formationen des Landes, an der Gitarre steht bei ihnen Christopher Annen. Francesco und Christopher sind nun als Duo unterwegs und kombinieren den teils ähnlichen, teils dann aber eben doch wieder unterschiedlichen Sound ihrer Gruppen und machen auf „Gut so allein“ nachdenklichen, spannenden und erwachsenen Singer/Songwriter. Die vier Songs der EP sind ein klar definierter Vorgeschmack auf das im Februar erscheinende Album „Alles, was ich je werden wollte“. Das verspielte „An nem guten Tag“ vereint hookigen Synthie-Sound mit den eigenen inneren Alltagsdämonen. Bereits veröffentlicht

The Mourning Post – Everything Must Stay

Sum41 zocken gerade ihre Abschiedstour. Das ist super sad. Doch The Mourning Post aus Köln und Düsseldorf stehen in den Startlöchern. Wobei… eigentlich war der Start vor gefühlten Ewigkeiten. Die Band macht bereits seit 2009 zusammen Musik, hat zwei EPs veröffentlicht, allerdings kommt erst jetzt die große Debüt-LP. Und die hat trotz NRW-Background so viel internationalen Emo-Rock-Duft inhaliert, dass einem fast schon schwindelig wird. Immer melodiös, immer mit ordentlich Pathos, aber auch mit griff-sicheren Riffs spielt das Quartett rund um Sänger Niklas eine handwerklich starke halbe Stunde, gespickt mit zehn Hymnen für das 00er-Skater-Nostalgie-Herz. Kalifornische Abendsonne war noch nie so heimatnah. „Meme Again“ kickt direkt rein, „Choir Hamlet“ genauso. In „Explorer“ heißt es „I never wanted to get old“. Uff. Tut weh und gut im selben Moment. Bereits veröffentlicht

Florence Besch – Gathering Hearts

Florence Besch ist in Luxemburg geboren, lebt allerdings schon länger in Düsseldorf. Ihre Musik zeichnet sich durch eine eher ungewöhnliche Mischung an Stilmitteln aus. Die Beats sind grungig, new wavig, aber auch 90s-Alternative-Rock. Irgendwo zwischen den Cranberries und The Cure. Ihre Stimme hingegen ist dafür umso weicher und verträumter, stellt also einen klaren Kontrast dar und verleiht den Songs eher Pop-Appeal. Auf ihrem zweiten Album „Gathering Hearts“ gibt es in unter einer halben Stunde zehn treibende Tracks, die nie zu soft, aber auch nie zu hart in your face sind. „Love Me Truly“ hat da wahrscheinlich alle Elemente, um einen passenden ersten Eindruck zu gewinnen. Romantisch, aber auch ein bisschen depressiv wird es mit „Eternal Life“, „Think Everything“ fällt durch seine verspielten Brüche auf. Zum Release gibt es Gigs in Gelsenkirchen, Münster und Aachen. Bereits veröffentlicht

Dörthe Drothen – Enamoured

Dörthe Drothen kommt aus der Nähe von Düsseldorf und ist bereits mit 13 nicht nur Sängerin von irgendwelchen Songs, sondern ihrer eigenen Songs. Über die Jahre ist eine Menge an Material entstanden, dass sie seit einiger Zeit nun auch der breiten Öffentlichkeit präsentiert. Nach dem Debüt „Prologue“, das zur ersten großen Pandemiewelle erschien, folgt rund vier Jahre später der Nachfolger „Enamoured“. Dörthe ließ sich Zeit, um ihre Lieder immer mal wieder zu optimieren. Musikalisch bewegen sich die zehn Titel zwischen Pop, leichtem Jazz und Coffeehouse-Feeling. Das ist meist leicht und fröhlich, manchmal aber auch von Enttäuschungen geprägt. So beschreibt Dörthe in „Do I Need To Be Somewhere“ das unangenehme Gefühl, immer irgendwo sein zu müssen, statt einfach mal für einen Tag aus der Welt aussteigen zu können. Die Single „Hot Chocholate Mocha Latte“ ist funkig und bringt 60er-Soul mit 90s-R’n’B zusammen. Bereits veröffentlicht

Kamrad – Wanna Be Friends

Kamrad hat’s auf jeden Fall sowas von geschafft. Stück für Stück ging’s immer höher, mittlerweile sitzt der 37-jährige Wuppertaler, der sein Studio in Bochum-Langendreer hat, in der aktuellen Jury von „The Voice of Germany“. Auf seiner neusten EP „Wanna Be Friends“ gibt es erneut fünf frische Songs, die so gar nicht mit den einstelligen Temperaturen matchen, aber dafür umso wärmere Stimmung beim Tanzen daheim machen. Gewohnt hookig kommen die locker-leichten Pop-Tracks daher, gewohnt sympathisch wirkt Kamrad auch im Gesang und Auftreten. „Friends“ ist eine Hymne an die Wahlfamilie im Leben, ohne die alles verdammt schwer, nahezu unmöglich wäre. „Easy To Hate Me“ können wir zumindest so vom Titel her nicht unterschreiben, ballern ihn aber gerne im Player. Im Januar gibt’s Tourtermine in Köln und Dortmund. Auffi! Bereits veröffentlicht

Haller – Akademie der Ängste

Der in Aachen geborene, aber in Köln ansässige Musiker Haller macht Singer/Songwriter, aber auf eine gar nicht so typische Art und Weise. Klar, da gibt es auch viele ruhige Momente mit Akustikgitarre, aber mindestens genauso viel Groove aus der R’n’B- und Neo-Soul-Ecke. Da lohnt es auf jeden Fall, aufmerksam zuzuhören, wenn in „Gott“ mit Stimmverzerrer der Opener besonders episch ausfällt, bei „Ego“ einen plötzlich der Funk packt oder in „Akademie der Ängste“ diverse Alltagsphobien schonungslos auf den Tisch gepackt werden. Gut produziert, noch schöner gesungen dank angenehmen Crisp im Sound. Erinnert ein wenig an die ganz alten, wirklich starken Sachen aus dem Hause 3p, ohne dabei nur dem Damals hinterherzuhecheln. Haller ist mit seinem zweiten Album auf großer Tour und hält u.a. in Bielefeld, Köln und Aachen. Ein Herbst-2024-Must-hear. VÖ: 15.11.

Daisy Grow Yellow – …And It Bloomed In August

Sängerin Corinne Bahia kommt ursprünglich aus Milwaukee, lebt aber schon viele Jahre in Köln. Mit ihrer dort gegründeten Band Daisy Grow Yellow macht sie äußerst berührenden Soul-Pop, der auf der neuen EP „…And It Bloomed In August“ ganz hervorragend zur Geltung kommt. Stimmlich nah an Celeste, musikalisch zwischen Corinne Bailey Rae und der frühen Adele gibt es unter den sieben Songs keinen einzigen Hänger. Schließt man die Augen, eröffnet sich ganz von allein ein warmes Kaminfeuer und ein leises Schneegestöber vor dem Fenster. In „Out to Dry“ erwartet einen ein uplifting Beat, in „Find My Way Back Home“ spielen einen besonders die Bläser und die Chöre an die Wand, bei „April Clouds“ wirkt alles wunderbar intim und wie Honigmilch im Ohr. Ein Quartett, das viel mehr Aufmerksamkeit verdient hat. Mehrere Auftritte in Köln stehen in den nächsten Monaten an. VÖ: 15.11.

Romy Hausmann & Fortuna Ehrenfeld – Princess Standard

Im letzten Jahr war „Liebes Kind“ auf Netflix ein absoluter Überflieger. Die erfolgreichste deutsche Produktion, die jemals auf dem Streaming-Anbieter lief. Die Serie beruht auf dem gleichnamigen Roman von Romy Hausmann, die nun zu den bekanntesten Thriller-Autorinnen des Landes aufstieg. „Princess Standard“ ist ihr neustes Projekt, und zwar ein ganz besonderes. In der Gedichtsammlung finden sich sehr viele äußerst persönliche Gedanken wieder. Doch sind wir hier nicht bei „Musik von hier“? Jawohl, denn das Spannende an der Sache ist, dass die Kölner:innen von Fortuna Ehrenfeld, eine der meistgefeierten Indie-Bands NRWs, 17 der Gedichte vertont haben. Und das klingt ziemlich abgefahren. Romy singt nicht, sondern liest ihre Texte selbst vor, darunter liegen manchmal elektronische, manchmal dreamige Beats und Soundmalereien. In den überwiegend englischsprachigen Gedichten wird’s manchmal auch ganz schön explizit, was dem Ganzen aber äußerst gut tut. So fühlt sich das Zuhören eher wie ein Hörspiel an. „The Tourist“ und „F*ck me To the Moon“ sind treffende Vorgeschmäcker. VÖ: 15.11.

Das Lumpenpack – Nie wieder W.A.C.H.

Seit der Pandemie sind Jonas und Maximilian von Das Lumpenpack nicht mehr zu zweit, sondern gönnen sich eine richtige Band. Die drei restlichen Mitglieder sind alle aus NRW, weswegen man sich auf Duisburg als Proben- und Produktionsraum geeinigt hat. Auf der neusten EP „Nie wieder W.A.C.H.“, die dank acht Tracks schon eher in Richtung Album schielt, gibt es musikalisch wieder einen Spagat zwischen Pop-Punk und Rock-Ballade mit großer Geste. Inhaltlich wird’s manchmal ordentlich schwermütig. „Das Universum ist erschöpft“ („Universum“) sind alles andere als seichte Abschiedsworte, mit denen man beim Hören verabschiedet wird. Humor geht aber auch, klar. Wer sich hinter „Sabine R.“ verstecken könnte, ist für True-Crime-Fans kein allzu kniffliges Rätsel. „WZF?! 2.4“ hingegen, bei dem Alligatoah als Feature vorbeischaut, zitiert auch mal wild Metal-Classics wie „Chop Suey“ von System of a Down und sorgt für Schmunzler. „Clubs dieser Stadt“ könnte auch easy die neue Single von Kraftklub sein, die auf 1Live in Heavy Rotation läuft. VÖ: 22.11.

Yu – Please Hold The Line

Beim Hören des Debüts des 21-jährigen Yu aus dem Rhein-Sieg-Kreis hat man direkt Assoziationen zu Alligatoah. Und die kommen nicht von irgendwoher. Alligatoah gehörte früher zu Yus fester Playlist, 2022 kamen sie durch Yus TikTok-Auftritt in Kontakt. Der Nachwuchsrapper wird daraufhin sogar von dem extrem erfolgreichen Künstler produziert. Yu eckt an, hat er nämlich in sehr vielen seiner Songs eine klar positionierte politische Message. Queerfeindlichkeit, rechtes Gedankengut und andere Diskriminierung – darauf kann er so gar nicht. Das allein gibt schon einen Daumen hoch. Sein 16 Tracks umfassendes erstes Album „Please Hold The Line“ ist durchzogen von punkiger Attitüde mit gerappten Lyrics und poppigen Melodien. Das macht Spaß und geht unmittelbar in Hirn, Ohr und Beine. „Nazis erschießen“ oder „Fick dich“ sind heiße Moshpit-Anwärter für diverse Festivals in 2025, „Abwarten“ die etwas andere Akustik-Ballade. VÖ: 29.11.

Luis Schwamm – Alte Möbel und junge Nervositäten

Vor bedeutungsschwangerem Singer/Songwriter-Pop auf Deutsch kann man sich kaum noch retten. Umso schöner, wenn er besondere Facetten aufweist wie das Album von Luis Schwamm. Schon als Kind wird der Wahl-Kölner durch die Musik seiner Eltern, die Geige spielen, mit dem richtig guten Zeugs von den Beatles und mehr beeinflusst. Zuletzt machte der Künstler mit dem Duo Noth auf sich aufmerksam, sein Solodebüt setzt aber nochmal ganz eigene Akzente. Ganz behutsam schmiegen sich die zehn Lieder auf „Alte Möbel und junge Nervositäten“ an und tun richtig gut. Hamburger-Schule, wie Kettcar sie machen, trifft auf neuen Liedermacher eines Tristan Brusch, nur poppiger. Die triste Atmosphäre paart sich mit viel Hoffnungsschimmer in den Lyrics, die Gitarren klingen rau. Anspieltipps: „Mühle“, „Ich glaube nicht“ und das hervorstechende „Immer noch hier“. VÖ: 29.11.

Tom Gaebel – A Christmas To Remember [Extended Edition]

Zur Weihnachtszeit hat Tom Gaebel meist richtig viel zu tun. Seine Weihnachtskonzerte sind längst kein Geheimtipp mehr, gilt er doch ein wenig als der deutsche Michael Bublé. Sein letztes Weihnachtsalbum, „A Christmas To Remember“, bringt der Gelsenkirchener nun in einer erweitereten Edition heraus, die einige neue Tracks bereithält. Neben niemals sterbenden Classics wie „Last Christmas“ oder „All I Want For Christmas Is You“ im Duett mit Musicaldarstellerin Sabrina Weckerlin, gibt es auch eine ordentliche Menge an neukomponierten Songs, bei denen Tom mitgeschrieben hat. Zum Beispiel das witzige „Zwei Männer im Schnee“, bei dem Gregor Meyle neben ihm am Mikro auftaucht. Die Platte entscheidet sich nie zwischen jazzy Arrangements und swinging Big-Band-Sounds, muss sie aber auch nicht. Stilvoll, traditionell, gleichzeitig aber auch eben schön festlich. Die Tour hält mehrfach in NRW, u.a. in Köln, Duisburg und Düsseldorf. VÖ: 29.11.

Fritzi Ernst – Jo-Jo

1989 erblickt Fritzi Ernst in Paderborn das Licht der Welt. Seitdem hat sie mehrere Instrumente spielen gelernt, viele Songs komponiert, getextet und gesungen. Eine Zeit lang gab es sie in dem Indie-Pop-Duo Schnipo Schranke zu hören, doch seit der Pandemie ist Fritzi solo unterwegs. Ihr Debüt „Keine Termine“ heimste viel gutes Feedback ein, nun geht es mit dem Nachfolger „Jo-Jo“ weiter, auf dem die Künstlerin ihren eigenwilligen Musikstil weiter ausbaut. Neben Synthie- und Piano-Parts darf man sich auf nachdenkliche, depressive, aber auch erhellende Lyrics freuen, in denen sich an der einen Ecke über das eigene Fehlverhalten aufgeregt wird („Ich bin so dumm“, „Kratzer“), in anderen Augenblicken geht’s dann wiederum um Träumereien und Realitäten im Touralltag („Nie drüber gelacht“). Überraschend ist ein Cover von dem Tears-for-Fears-Classic „Mad World“. VÖ: 6.12.

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