Juli im FZW in Dortmund: 20 Jahre eine Geile Zeit

Juli spielen auf ihrer "20 Jahre 'Es ist Juli'"-Jubiläumstournee 20 Songs. Foto: Christopher Filipecki
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Es gibt Musik aus bestimmten Jahrzehnten, die einfach nicht mehr funktioniert. Maximal auf Trash-Partys. Gleichzeitig gibt es aber auch immer ein paar Beispiele, die ganz besonders gut gealtert sind. Juli hatten direkt mit ihrer ersten Single „Perfekte Welle“ im Sommer 2004 großen Erfolg, mit dem dazugehörigen Debütalbum „Es ist Juli“ sogar noch viel mehr. 20 Jahre später wird der runde Geburtstag mit einer großen Tour gefeiert. Wir waren im FZW in Dortmund für euch dabei.

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Juli in Dortmund: Endlich wieder zurück

Musik, die gerade im Trend liegt, bewegt sich immer wellenförmig. Wo wir eigentlich auch direkt beim Thema Welle wären. Zunächst schlägt sie im Bestfall richtig ein, dann irgendwann flacht das Interesse aber oft doch ein wenig ab. Waren die Songs aber richtig gut und spiegeln das Lebensgefühl einer bestimmten Zeit wider, kommen sie nach einigen Jahren der Abstinenz auch auf den Radar zurück und werden Kult.

Frontfrau Eva Briegel und ihre Jungs Simon (Gitarre, Gesang), Marcel (Schlagzeug), Dedi (Bass) und Jonas (Gitarre) scheinen das ziemlich gut verstanden zu haben. Als der Megaerfolg nach den beiden ersten Alben peu à peu abnimmt, macht man eine lange Pause. Nach „Insel“ (2014) machen alle erstmal ihr Ding, vieles davon hat sogar weiterhin mit Musik zu tun. Doch die 20er sind das Jahrzehnt, in denen die 00er voller Leidenschaft von der Gen Y abgefeiert werden. Der richtige Moment, um nach neun Jahren Pause eine neue LP zu präsentieren. Die nennt sich „Der Sommer ist vorbei“, kam im April 2023 und wurde von vielen Seiten für den old-schooligen, aber gleichzeitig auch erwachsenen Sound gefeiert. Dazugehörige Konzerte laufen auch ordentlich, also kann man nun Nostalgie walten lassen.

Bei „Perfekte Welle“ gibt es eine Unterbrechung: Nach dem ersten Refrain bittet Eva darum, dass alle Handys in den Taschen bleiben und man gemeinsam den Moment genießt. Dann gibt’s den Song in voller Länge. Foto: Christopher Filipecki

8 Songs vom Debüt „Es ist Juli“ und zwölf weitere

Wie passend, dass 2024 das große Bandjubiläum ansteht. 20 Jahre das Debüt „Es ist Juli“ – wenn das kein Grund ist, um gemeinsam mit Fans in Erinnerungen zu schwelgen. Hört man mittlerweile auch immer häufiger die alten Hits wieder auf Partys und in Radios, so fühlt sich das Ganze live doch noch viel besser an. Fast 30 Konzerte stehen zwischen Anfang Mai und Ende September an. Dem Wetter entsprechend ist man aber mittlerweile von den Festivalwiesen in die Hallen gezogen. Aufgrund der hohen Nachfrage gibt es in Berlin sogar eine Zusatzshow zum großen Finale, auf der erstmalig das gesamte Album gespielt wird.

Und hier gibt es eigentlich den einzigen wirklichen Kritikpunkt an dem Dortmund-Gig, dem 22. Halt. Trotz vieler Kommentare in den Sozialen Netzwerken gibt es in der Ruhrmetropole eben nicht das komplette „Es ist Juli“, aber dafür immerhin acht von zwölf Songs des mit Dreifachplatin ausgezeichneten Klassikers, der vor Kurzem erstmalig auf Vinyl erschien. Anhänger:innen von „Sterne“, „Kurz vor der Sonne“, „Ich verschwinde“ und „Wenn du lachst“ müssen ganz stark sein – die haben es nicht auf die Setlist geschafft. Dafür aber der komplette Rest und noch zwölf weitere aus der großen Diskografie, inklusive sechs Titeln vom aktuellen „Der Sommer ist vorbei“.

Bevor es mit 20 Songs zum 20-jährigen die volle Juli-Ladung gibt, spielt der Singer/Songwriter Stanovsky mit seinem Gitarristen ein paar intime, akustische deutschsprachige Lieder, die wie Juli einen melancholischen Touch mitbringen. Das gibt dem Konzert zwar bereits zum Anfang eine gewisse Schwere, berührt aber. Ein angenehmes Opening. Ab 20:50 Uhr folgt dann im fast ausverkauften FZW, in dem nur noch wenig Platz ist, 110 Minuten lang eine „Geile Zeit“.

Juli: Eine wahnsinnig gut gealterte, coole Deutsch-Pop-Band

Das magische Opening weiß sofort zu überzeugen. Blaues, dunkles Licht, die Band betritt nach und nach die Bühne und baut „November“ in ganz kleinen Schichten immer größer auf, bevor es sich zum finalen Refrain komplett entlädt und die Gesichter erkennbar werden. Daraufhin gibt es mit „Warum“, „Geile Zeit“, „Regen & Meer“ und „Perfekte Welle“ alles, was man vom Debüt braucht, aber auch darüber hinaus so Titel wie „Tränenschwer“ und „Anders“, die es schon ewig nicht mehr auf Juli-Konzerten gab. Abgerundet wird die Setlist mit „Dieses Leben“, „Wir beide“, „Zerrissen“, „Insel“, „Elektrisches Gefühl“ und dem Fanwunsch „Immer, wenn es dunkel wird“. Der Sound wird in Dortmund fast durchweg super abgenommen. Dazwischen erzählt Eva Storys aus der gemeinsamen Zeit mit den Jungs in deren Heimatstadt Gießen, bevor man richtig durchstartete, aber immer davon träumte, irgendwann mal erfolgreich zu sein. „Manchmal werden Träume wahr“, ist ihre Message ans Publikum.

Juli sind eine der ganz wenigen, noch übriggebliebenen Bands, denen man zu jeder Sekunde abnimmt, dass sie wirklich miteinander befreundet sind. Die sich zwischendrin liebevoll in den Arm nehmen, anlächeln, ein wenig sticheln und einfach unglaublich souverän und routiniert, aber dennoch mit Spaß abliefern. Eva klingt mit ihrer Stimme so wie eh und je. Die Songs, die in den schwungvolleren Nummern trotzdem etwas Trauriges mit sich bringen und in den Balladen nie die Hoffnung außen vor lassen, sind 2000er-Deutsch-Pop-Zeitgeist. Als es gerade wieder in Mode kam, auf Deutsch zu singen, waren Juli neben Silbermond, Wir sind Helden und Rosenstolz die Band der Zeit. Oft vergleicht man folgende Songs auf unserer Muttersprache mit ihnen und nicht umgekehrt.

Eva erzählt viele Geschichten aus der damaligen Zeit. Foto: Christopher Filipecki

Dem Publikum sieht man an, dass in der Musik das herzzereißende Zurückblicken auf Damals fest verankert ist. Gleichzeitig ist aber das Zelebrieren mit anderen, die mit dem Kopf gerade irgendwo in einem 2004-Moment hängen, ziemlich heilsam. Juli sind von einer erfolgreichen Trendband zu einer erfolgreichen Retroband geworden. „Ja, ich weiß, es war ’ne geile Zeit, hey, es tut mir leid – es ist vorbei.“ Sieht überhaupt nicht danach aus.

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Weitere NRW-Termine: 16.9. Carlswerk Victoria Köln

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