Düsseldorfer in Berlin: Rhein vs Spree

Foto: Julius Drost | Unsplash
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Wir alle lieben die Landeshauptstadt! Sie bietet viele Möglichkeiten, der Rhein fließt wie Seelenbalsam hindurch und überhaupt gibt es eigentlich keinen Grund wegzugehen. Dennoch zieht es Düsseldorfer aus den unterschiedlichsten Gründen vermehrt nach Berlin. Wir haben drei von ihnen gefragt, was sie ins Dicke B zog und ob sie sich eine Rückkehr zur Perle am Rhein vorstellen könnten.

Foto: Franziska Kracht

Franziska, 31, arbeitet als freie Journalistin und lebt seit sechs Jahren in Berlin.

Wieso bist du nach Berlin gezogen?
Ich wollte zum Masterstudium eine neue Uni und eine neue Stadt kennenlernen. Ich hatte fürs Masterstudium hauptsächlich die Lehrinhalte im Blick. Hamburg war meine Erstwahl, Potsdam meine Zweitwahl. Zuerst bin ich zur Zwischenmiete nach Potsdam gezogen. Da bin ich jeden Tag nach Berlin gependelt, um Freunde zu treffen. Nach zwei Monaten bin ich dann umgezogen – nach Berlin-Friedrichshain.

Was hat dir in Düsseldorf gefehlt?
Nichts. Ich hatte viele tolle Kommilitonen, mochte das Rheinufer, die Museen und die Uniparties. Ich kann bis heute nicht verstehen, wenn Leute sagen, dass Düsseldorf snobby ist. So habe ich die Stadt nicht erlebt. Als ich nach Düsseldorf gezogen bin, war ich als Nordlicht erstaunt darüber, wie freundlich und offen die Bewohner sind.

Wie erlebst du die Hauptstadt?
Ich liebe die Stadt: die vielen Freiluftkinos im Sommer, die Seen, die schönen Cafés, in denen ich Großteile meiner Hausarbeiten und meiner Masterarbeit geschrieben habe. Wenn du taiwanesisch essen gehen willst, kannst du taiwanesisch essen. Wenn du nackt Party machen willst, kannst du nackt Party machen. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Das ist eine große Freiheit. Aber es ist nicht alles toll: Krass steigende Mieten, Craftbeer für sechs Euro und Drogen auf fast jeder Party.

Würdest du noch mal nach Düsseldorf zurückkehren?
Momentan kann ich mir das nicht vorstellen. Ich habe viele Freunde hier in Berlin, tolle Jobs und verbringe unheimlich gerne Zeit in Brandenburg. In Düsseldorf würde ich mittlerweile kaum noch jemanden kennen – die meisten sind weggezogen, viele davon nach Berlin.

 

Foto: Neno Rieger

 

Neno, 28, entwickelt ein Programm, das überprüft, ob Unternehmen die EU-DSGVO einhalten und lebt seit einem Jahr in Berlin.

Wieso bist du nach Berlin gezogen?
Unter anderem war ich nach dem Studium auf der Suche nach einem Job im Nachhaltigkeitsbereich. In Berlin gab es hierfür deutlich mehr Angebote. Hinzu kommt, dass ich mich mit zwei Freunden, die schon länger in Berlin leben, mit einer Plattform für nachhaltige Kleidung nebenbei selbstständig mache. Darüber hinaus bin ich seit einigen Jahren Teil der Gemeinwohl-Ökonomie und in Berlin gibt es eine große und aktive Regionalgruppe.

Was hat dir in Düsseldorf gefehlt?
Mehr Möglichkeiten Menschen zu treffen, die sich für soziale und nachhaltige Themen engagieren. Klar gibt es in Düsseldorf auch einige, die diese Welt zum Positiven verändern wollen, aber sie sind stark in der Unterzahl. Man braucht wirklich viel Geduld, um in Düsseldorf etwas zu erreichen.

Wie erlebst du die Hauptstadt?
Wenn du weisst, wonach du suchst, kannst du dir in Berlin aus all den Möglichkeiten einfach etwas herauspicken und formen wie es dir gefällt. Es gibt dabei in Berlin viel mehr Menschen, die „einfach machen“ und sich dabei denken „was ist schon das Schlimmste, was passieren kann“. Gleichzeitig treffen hier auf engstem Raum die verschiedensten Welten aufeinander. So läuft man nie Gefahr den Blick auf andere Dinge zu verlieren. Außerdem ist die Stadt grüner als ich dachte.

Würdest du noch mal nach Düsseldorf zurückkehren?
Zwar gibt es in Berlin einige wenige Bars die Salmiakki ausschenken, aber nirgendwo schmeckt es so gut wie im Kreuzherreneck. Danach mit den Jungs vom Chicago Bilks Kegelverein vor dem Kürzer ein Altbier zu trinken und zufällig alte und neue Freunde zu treffen, hat seinen Charme. Und wo kann man im Sommer schon mitten in der Stadt an den Strand gehen?

 

Foto: Nina Schmitz

Nina Schmitz, 51, mit Tochter Laya, ist Künstlerin, Schamanin und Heilpraktikerin für Psychotherapie und lebt seit 10 Jahren in Berlin.

Wieso bist du nach Berlin gezogen?
Ich kam damals, weil sich meine beiden Töchter auf der staatliche Schule für klassisches Ballett und Artistik einen Platz ertanzten. Ich halte viel davon, sich im Jetzt das Leben so gestalten, dass es Spaß macht. Sein Hobby zum Beruf machen, ist die beste Voraussetzung. Heute sind beide Trapezkünstlerinnen und leben einen kreativen, bunten Alltag.

Was hat dir in Düsseldorf gefehlt?
Ich lebe seit zehn Jahren in Berlin und bin hier glücklich. Diese Stadt ist bunt und kulturell durchmischt, wie kein anderer Ort in Deutschland. Jeder Kiez ist anders, überall entdeckt man jeden Tag Neues. Der grenzauflösende Vereinigungsgedanke ist hier wirklich gelebt. Hier kann man sein, wie man ist oder wie man will oder immer anders. Die Blendernummer mit „mein Haus, mein Auto…“ so was zählt in Berlin nicht – die alten Egogerüste krachen hier zusammen und das ist sehr befreiend. Es lässt einen in sich entwickeln, was wirklich authentisch ist. Es geht ja im Leben eh irgendwann nur noch um die Frage, was mich wirklich glücklich macht.

Wie erlebst du die Hauptstadt?
Berlin ist für mich Foodsharing geretteter Lebensmittel an Bedürftige am Alex verteilen, danach in die Premiere von Sascha Walz und dann, auch wenn’s Montag ist, tanzen gehen und am nächsten Morgen den neuen Laden um die Ecke von „Wir kündigen den Generationenvertrag“ unterstützen, aufs Land fahren und die Hände in die Erde legen und spüren, wie kostbar das Leben ist. Dieser Puls der freudigen Menschlichkeit, den Berlin lebt, lässt mich immer wieder hoffen, dass wir alle aufwachen und den Dreh noch bekommen.

Würdest du noch mal nach Düsseldorf zurückkehren?
Ich vermisse Düsseldorf, die kleine überschaubare Kunstszene, in der man jeden kennt. Da war ich immer gerne. Ich vermisse meine Freunde. Aber Berlin ist Zuhause.

 

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