Der Sternenzug rollt wieder: „Starlight Express“ feiert am 3.10. Wiedereröffnung

Seit 1988 läuft "Starlight Express" in seinem extra für das Stück erbauten Theater in Bochum. Foto: Starlight Express/Jens Hauer
Teilen
Teilen

Die Zeit der Lockdowns ist vorbei, die Bochumer Loks rollen wieder ins Rampenlicht: „Starlight
Express“ feiert am 3.10. die Wiederaufnahme des Spielbetriebs. Sandra Heick hat kurz zuvor
hinter die Kulissen des rasanten Kult-Musicals geschaut, mit Darsteller:innen und dem Skate Department gesprochen – und enorme Vorfreude erlebt. Künstler:innenaugen strahlten sternenhell.

Inhaltsverzeichnis [verbergen]

Viel zu lange kein Licht am Ende des Tunnels

„Starlight Express, ich brauche dich jetzt und wünsch’ mir, du wärst hier“ – das werden viele Fans des Musicals in der Corona-Zeit gedacht haben. Die Livemomente, die vielen von ihnen enorm viel Kraft schenken, waren plötzlich in weite Ferne gerückt. Aber nun ist der Sternenzug in Bochum wieder zum Greifen nah. Am 20. Juli haben die Proben angefangen – nach einer probenfreien Zeit, die sich für manchen schier unendlich angefühlt hat.

Erstmal kamen die neuen Darsteller:innen zusammen, 23 an der Zahl. Sie durchlebten die „Skate School“, perfektionierten ihre Skate-Skills und zeigten, wie sehr es sich gelohnt hatte, dass sie ihre Show-Skates mit nach Hause nehmen durften, um zu trainieren. Das ist normalerweise nicht erlaubt. Ende August kamen dann die restlichen 23 Darsteller:innen dazu – und seitdem wird gemeinsam geprobt.

Alle fiebern sie Ende September auf den Tag hin, an dem endlich wieder vor Publikum performt werden darf. Generalprobe: 30. September. Previews: 1. und 2. Oktober. Opening-Show: 3. Oktober. In den Hauptrollen, als Erste-Klasse-Waggon Pearl und Dampflok Rusty zu sehen, sind Emilie du Leslay und Max Rizzo.

Der neue Rusty & die neue Pearl

Emilie du Leslay kommt aus Bristol im Südwesten Englands und ist seit 2019 dabei. Zuvor war sie unter anderem mit „Les Misérables“ auf internationaler Tour und in „Wind in the Willows“ am Londoner West End zu sehen. Max Rizzo ist in Italien aufgewachsen und eins der neuen Gesichter beim „Starlight Express“. Er ist nach seinem Abschluss am International College of Musical Theatre in Belfast zu den Auditions gegangen – und hat direkt die männliche Hauptrolle ergattert.

Das Musical kannte er zuvor nicht. Auf Deutsch zu singen und parallel zu skaten, davor hatte er großen Respekt. An seine ersten Skate-Versuche in der Kindheit sind kaum Erinnerungen geblieben. Nach dem Erfolg beim Casting sei ihm zunächst nach Wegrennen zumute gewesen, sagt er. „Aber der Ehrgeiz war größer als die Panik“.

Die Pandemiezeit verbrachte Max Rizzo in Italien, beschäftigte sich viel mit Musiktheorie, kaufte sich ein Piano, schrieb auch eigene Songs – und als er dann im Juni zurück nach Deutschland kam, dachte er im Bett liegend, nach einem tiefen Atemzug: „Es geht nun weiter – und ich schaffe das.“ Der Knoten war geplatzt. Inzwischen kann er „auch dank der tollen Skate-Lehrer in Bochum“ vieles, was er sich nicht vorstellen konnte – und ist stolz drauf. Nervös sei er mit Blick auf seine erste Show in Bochum nicht, sagt er selbstbewusst. Eher neugierig.

Emilie du Leslay und Max Rizzo mimen Pearl und Rusty. Foto: Sandra Heick

Emilie du Leslay hingegen hat schon ein wenig Lampenfieber. Sie liebt das „Starlight Express“-Musical, das zeitweise auch in England zu sehen war, seit ihrer Kindheit. Schon in der Schule hat sie Pearls Solo „Only He“ bei einer Gesangsprüfung performt. Einmal als Pearl auf der Bühne zu stehen, das hat sie lange nicht einmal zu träumen gewagt. „Die Show ist legendär und das Casting ist hart – das hatte ich so oft gehört.“

Aber die Engländerin wollte es wenigstens versucht haben: Und bekam am Ende unerwartet die Zusage. Bis sie das glauben konnte, dauerte es ein paar Momente. Zumal sie noch nie zuvor auf Skates gestanden hatte. Und ein paar mehr Momente dauerte es, sich selbst zu überzeugen, der Herausforderung gewachsen zu sein. „Der Respekt war groß“, so Emilie du Leslay. „Auf Rollschuhen zu stehen – das fühlte sich damals einfach vollkommen unnatürlich an. Und dann musste ich auch noch über Menschen springen und solche Sachen. Ich hatte wirklich Angst. Aber nach und nach hat mein Körper das Skaten verstanden – und nun liebe ich es.“

Die Vorfreude auf den Neuanfang trug sie durch die vorstellungsfreie Zeit, in der sie die sonst eher seltene Zeit mit der Familie genossen hat. Die Zeit für Anrufe in der Probenzeit ist rar, da wird die Cast zur Familie. „Man wächst auf außergewöhnliche Art und Weise zusammen, teilt Freud und Leid, unterstützt sich und lernt, sich gegenseitig zu vertrauen.“ Denn ohne Vertrauen geht es bei dem Tempo der Show nicht. Das Miteinander der Darsteller:innen – Emilie du Leslay hat es enorm vermisst, sagt sie. „Ich weiß alles um mich herum jetzt viel mehr zu schätzen. Ich beschwere mich nicht mehr über schmerzende Füße – ich bin einfach nur dankbar und kann nicht aufhören zu lächeln. Es geht uns allen so, glaube ich.“

Von Bochum kennen die Darsteller:innen inzwischen durchaus die ein oder andere Ecke. Die Stadt sei „klein und schön“, sagt Max Rizzo. Er schätze vor allem „die Ehrlichkeit und Direktheit“ der Ruhrgebietler, und Emilie du Leslay stimmt ihm da voll und ganz zu.

Das Warm-Up ist für die Darsteller:innen enorm wichtig – wer Interesse hat, kann sich mal nach einem Zugucken erkundigen. Foto: Starlight Express/Jens Hauer

Ein Mann hinter den Kulissen

Einer, der seit 27 Jahren Teil des „Starlight Express“ ist und Bochum wie seine Westentasche kennt, ist Berni Düker. Er arbeitet im Skate Department des Musicals und sorgt dafür, dass alle Rollen rollen, alle Schrauben an den Skates sitzen. Und er hat immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Ängste der Darsteller:innen, die oft in seinem kleinen, gut sortierten Werkstattraum kommen, wenn der Schuh drückt. Mitunter mit ein paar Tränen im Gesicht.

Auch in der vorstellungsfreien Zeit, die sich für Berni Düker schier unerträglich lang angefühlt hat, war er immer zur Stelle, wenn Skates nicht so wollten wie ihre Besitzer:innen. Mit seiner mobilen Werkstatt kam er dorthin, wo er gebraucht wurde. Ein Anruf genügte. Um Geld zu verdienen, suchte er sich auch noch eine andere Beschäftigung: Er fuhr eine Zeit lang Corona-Tests durch die Gegend. Was ihm gefehlt hat: „Das Show-Gefühl“. Ins Theater zu kommen, wo alle backstage herumwuseln, Euphorie versprühen und auf Skates durch die Flure fahren. „Du wechselst mit jedem ein paar Sätze, es geht freundschaftlich zu, das Theater ist wie ein zweites Zuhause.“

Was beim Durchhalten half, war der enorme Anekdotenschatz, den Berni Düker mit den Jahren angehäuft hat. Wenn ihm das Theater mal zu sehr gefehlt hat, hat er in Erinnerungen geschwelgt und sich auch das ein oder andere Show-Video angesehen. Dann stand er im Geist wieder bei den Zügen, die ihr legendäres Rennen fahren – die einen fair, die anderen weniger.

Nun ist der Mechaniker zurück in seiner geliebten Werkstatt und freut sich von ganzem Herzen auf jede weitere Anekdote, jeden weiteren Gänsehautmoment. „Die Cast ist fantastisch. Absolut motiviert. Alle wollen so sehr zurück auf die Bühne – und dann macht es einfach wahnsinnig viel Spaß, auch abseist des Rampenlichts. Es ist auch viel Vertrauen im Spiel, dessen muss man sich in jedem Moment bewusst sein. Die Darsteller geben mir ihre Karriere in die Hand. Wenn ich Mist bauen würde, könnte das böse enden.“ Bei der Opening-Show wird er eine dicke Gänsehaut haben, da ist sich Berni Düker sicher. Die hatte er schon bei der Rückkehr ins Theater, „da war ich wirklich ergriffen“. Er braucht den Sternenzug, dessen Licht in der Ferne leuchtet.

Anzeige
Anzeige

Beste Events, Trends und Reportagen für die Rhein-Ruhr-Region

Inhaltsverzeichnis
Home