Seit November 2002 ist „Deutschland sucht den Superstar“ aka „DSDS“ aus der deutschen TV-Landschaft nicht mehr wegzudenken. Alexander Klaws gewann am 8.3.03 als erster das Castingformat auf RTL, am 9.5.09 folgte Daniel Schuhmacher als sechster Gewinner. Beide sind im kommenden Jahr bei zwei sehr beliebten Musicalgalas zu sehen: Alexander Klaws präsentiert Disney-Hits bei „Disney in Concert – Follow Your Dreams“, Daniel Schuhmacher zeigt mit weiteren Darsteller:innen bei „This is the Greatest Show! – Die größten Musical-Hits aller Zeiten“ Klassiker und ganz neue Fanlieblinge. Wir trafen beide in Köln im Hotel auf einen Cappuccino und einen Plausch.
Alexander Klaws: „Ich gehe jede Show an, als ob es die erste wäre.“
Alex, wie bist du damals eigentlich auf die Idee gekommen, Musical zu studieren?
Die Schauspielerei generell hat mich immer gereizt. Es kam eine Anfrage für „Drei Musketiere“ im Theater des Westens in Berlin. Die Reihe „Das Traumhotel“ hat mir damals in der Folge „Zauber von Bali“ kurz nach dem Sieg bei DSDS eine Rolle auf den Leib geschrieben. Da habe ich Pierre Brice kennengelernt, mit dem ich schon dort über Karl May und „Winnetou“ gesprochen habe und der zu mir meinte: „Du bist doch genau der richtige Typ für die Bühne“. Allerdings habe ich sowieso immer zu viele Sachen im Kopf, die ich gar nicht alle umsetzen kann.
Schauspiel war also schnell ein Thema für mich, wobei mir immer wichtig war, dass ich nicht wegen meines Namens besetzt werde, sondern weil ich auch das Handwerk verstehe. Also habe ich das einfach ausprobiert, danach habe ich auch Joop van den Ende kennengelernt [Anm. d. Red.: Musical- und Filmproduzent, u.a. Mitbegründer von Endemol und Stage Entertainment] und wurde durch ihn an seiner Academy in Hamburg gefördert. Die Ausbildung dort habe ich quasi zwischen einem Award-Gewinn bei der Bravo Supershow und Videodrehs gemacht. Dadurch kam dann auch ein Angebot für „Tanz der Vampire“ und plötzlich wurde Musical ein Riesending bei mir. Meine eigene Musik ist dadurch ein bisschen in den Hintergrund geraten, auch wenn es eigentlich immer mein Ursprung war. Da kommt aber auch irgendwann mal wieder etwas Neues.
Ich finde es schön, diese Bandbreite haben zu dürfen. Dass ich immer das machen kann, worauf ich gerade Lust habe. Mal Musik, mal Schauspiel im Theater oder im Fernsehen, dann Musical. Das ist wirklich ein Geschenk.
Du kommst nun für ein paar ausgewählte Shows als „Tarzan“ zurück. Du hast dort deine Frau kennengelernt, außerdem ist es wohl die Rolle, die man am meisten mit dir verbindet. Ist es das Stück, das dir persönlich ganz besonders am Herzen liegt?
Die Formel 1 aller Shows. Ich glaube, es gibt keine Show, bei der man sich auf so vielen Ebenen austoben kann. Du musst sportlich fit sein, du hast starke Songs und du spielst die Entwicklung vom Affen zum Menschen. Man kann dabei wirklich viel falsch machen. Das Stück wird langweilig, je nachdem, welcher Tarzan da vorne steht. Der Herausforderung muss man sich bewusst sein, da braucht man eine gewisse Sensibilität dafür.
Tarzan ist auch die Überschrift meiner Familie, meine Frau war damals Jane, wir kennen uns seit 14 Jahren. Wir haben immer damit gescherzt, dass ich es mal wieder spielen sollte. Eigentlich bin ich alterstechnisch mit 41 schon raus. Aber dann wurde ich doch angefragt und habe gedacht: „Warum nicht?“. Auch mein ältester Sohn hat es sich sehr gewünscht, den Papa einmal in dieser Rolle zu sehen. Ist aber wirklich nur für ein paar Shows ein Ausflug, mehr soll es nicht sein.
Du hast nun drei Kinder. Gibt es schon Disney-Filme, die ihr gemeinsam zelebriert?
Gerade jetzt, wenn ich die Filme als Papa gucke, hauen sie mich völlig aus den Socken. Damals habe ich darüber immer ein bisschen gewitzelt, wenn alle am Heulen waren. Wenn ich heute „Tarzan“ gucke oder Scar Mufasa in „König der Löwen“ die Klippe herunterwirft, bin ich selbst davon überrascht, wie emotional ich reagiere. Aktuell mag ich „Alles steht Kopf“ sehr gerne und fand auch die Fortsetzung großartig. Mein Großer lernt dadurch auch richtig etwas. Wahnsinn, wie Disney sich nach über 100 Jahren immer nochmal neu erfindet.
Wie fühlt sich denn ein Tag im Musical und wie ein Tag bei „Disney in Concert“ an?
Allein schon die Tatsache, dass du morgens woanders aufwachst, macht einen großen Unterschied und ist eine Herausforderung. Ich bin ein sehr heimatverbundener Mensch und bin normalerweise gerne zuhause. Gleichzeitig genieße ich aber auch das Tourleben, es hat Klassenfahrtcharakter und viel Freude. Tatsächlich entsteht dort auch ein familiäres Gefühl, weil zum Beispiel die Tonmeister oder der Busfahrer, die man am Abend nicht sieht, seit Ewigkeiten dieselben sind. Es ist also ein anderes „nach Hause kommen“.
Allerdings ist Ernährung ein Thema. Wenn man stundenlang im Bus sitzt und abends dann auftritt, muss man aufpassen, dass man fit bleibt und vernünftig isst. Ich nehme einen Tag im Musicaltheater insgesamt intensiver war. Tour ist etwas mehr Rock’n’Roll, du musst dich nicht tief in einer Rolle fallen lassen, weil du du selbst bist und es konzertant funktioniert. Da steht also schon eindeutig Alexander Klaws. Wenn man geschminkt wird und das Bühnenbild um sich hat, ist das schon intensiver und wirkt anders auf einen. Gerädert ist man aber nach Tour genauso, allerdings meistens erst, wenn man nach zwei, drei Wochen wieder nach Hause kommt und das Passierte reflektiert.
Eine Woche auf Tour ist also am Ende dann doch genauso anstrengend wie eine Woche im Hamburger Theater?
Ich gebe sowieso alles, was ich an dem Tag habe. Wenn ich aber weiß, ich habe sieben Shows in der Woche vor mir, probiere ich, mich reinzuknien und gleichzeitig im Hinterkopf zu behalten, dass es morgen weitergeht. Ich kann aber genauso müde sein, wenn ich nur eine Show habe, weil ich dann eben die Power für die ganze Woche raushaue. Wenn ich nach einer Show nicht müde bin, habe ich was falsch gemacht, selbst wenn ich nur vier Szenen hatte.
Die Konzentration ist aber auch eine andere, oder? Bei dem einen passiert dauerhaft was, bei dem anderen sind es einzelne Songs aus unterschiedlichen Stücken.
Genau – Bei einem Konzert gehe ich von Song zu Song. Ich gehe als „Hercules“ von der Bühne, gucke auf die Liste, was als nächstes kommt, fühle mich dann in „Tarzan“ rein. Wenn ich sehe, dass ich erst nach der Pause wieder dran bin, trinke ich etwas, reiße Witze. Ich fahre also kurz runter, um dann wieder hochzufahren. Spiele ich eine feste Rolle, muss ich schon vor der ersten Szene wissen, wo ich hinwill. Ich möchte also am Ende einen Peek erreichen, den ich mir selbst vorstelle. Ich muss meinen Text mit Leben füllen. Da kannst du dich nicht von Szene zu Szene hangeln, ich brauche dringend einen roten Faden. Wenn ich bei „Winnetou“ nach einer Schießerei in der nächsten Szene nach Hause komme, ist das etwas völlig anderes, als wenn ich einfach nur nach Hause komme. Das Bewusstsein muss man unbedingt haben.
Gibt es eine Rolle, die noch auf deiner Agenda steht?
Aktuell nicht. „Jekyll & Hyde“ stand immer ganz oben, aber das darf ich glücklicherweise seit letzter Saison in Darmstadt spielen. Allerdings gibt es Gerüchte, dass aktuell „The Greatest Showman“ als Musical geplant ist. Wenn das nach Deutschland kommt, dann muss es aber mit dem Teufel zugehen, wenn ich da nicht mitspiele.
Was ist dein wichtigstes DSDS-Learning, das dir heute über 20 Jahre später noch hilft?
Mein Credo ist, immer hungrig zu bleiben. Ich probiere, immer ein Stück weit Neues zu bieten. Ich gehe jede Show an, als ob es die erste wäre, ich möchte möglichst in jedem Interview noch etwas erzählen, was nicht jeder weiß. Sobald ich mich wiederhole und etwas nur runterrassele, muss ich etwas Anderes machen. Das nehme ich wohl am meisten aus der DSDS-Zeit mit: Down to earth und offen bleiben und menschlich sich nicht verlieren. Ich wäre nicht seit 21 Jahren dabei, wenn mir das alles egal wäre, was um mich herum geschieht. Du bist das, was du bist, nicht automatisch ein Leben lang.
Daniel Schuhmacher: „Ich habe jede Stresssituation oder Panne schon mal durchlebt.“
Daniel, du feierst dein Debüt im Musicalgenre. Wie kam es dazu?
Ich wurde angefragt, ob ich am Casting für die Show teilnehmen möchte und fand es direkt spannend, weil man nicht sofort ins kalte Wasser geworfen wird. Es ist eben kein klassisches Musical, sondern eine Galaveranstaltung, die sich perfekt eignet, um mal reinzuschnuppern. Ich habe also ein paar Musicalsongs gesungen, aufgenommen und eingereicht und mich total gefreut, als ich die Zusage hatte. Ich kann jetzt auch von professionellen Leuten aus dem Musical etwas lernen und trotzdem als Daniel Schuhmacher meine Songs singen. Ein softer Einstieg also.
Merkst du denn schon in der Vorbereitung einen Unterschied?
Definitiv. Bei meinen eigenen Songs kann ich phrasieren und so singen, wie ich in dem Moment Bock habe. Hier gibt es eine genaue Vorgabe, man singt genau nach Noten, die Melodie muss exakt so sein, wie man es übt. Ansonsten habe ich da mehr Freiraum. Jetzt muss ich mich in die Emotion reinfinden und dann den Song so interpretieren, wie es gewünscht ist. Eine Herausforderung.
Man wird ja auch oft mit denen verglichen, die es vorher gesungen haben…
Oh ja! Ich höre mir dann das Original an und denke: „Ok, da musst du aber Gas geben“. Genau diese Übung mag ich aber.
Musicalshows sind auch anders inszeniert als ein Popkonzert. Magst du es jetzt schon, auch andere Teile von dir zu zeigen, die womöglich weiter von deiner Persönlichkeit entfernt sind?
Ich finde das grundsätzlich am Schauspielen total spannend. Gerade etwas zu spielen, was konträr zu mir selbst ist. Das ist jetzt bei „This is The Greatest Show!“ noch nicht der Fall, aber ich wäre dafür auf jeden Fall offen. Jeder hat wahrscheinlich in sich den Trieb, auch mal jemand Bösen spielen zu wollen, um genau diese verborgenen Seiten mal zu zeigen… (lacht)
Heißt also, du wärst für eine richtige Rolle durchaus offen?
Ich lasse sowas sehr gerne auf mich zukommen. Ich habe mal vor vielen Jahren bei „Kein Pardon“ in Düsseldorf eine Rolle angeboten bekommen, Thomas Hermanns hat mir das Libretto zugeschickt und ich habe es am Ende doch abgesagt, weil ich mir unsicher war, ob ich das, was von mir verlangt wurde, überhaupt tragen kann. Deswegen kommt es für mich sehr auf das Angebot an. Ich muss mich damit wohlfühlen.
Über 30 Termine in zwei Monaten. Gut was los bei euch. Gibt es einen Stopp, auf den du dich schon besonders freust?
Ja, auf Stuttgart. Da war ich selbst schon oft Gast, um mir Musicals anzuschauen. Außerdem komme ich auch aus der Ecke, sodass viele Fans, Freunde und Familienmitglieder zu der Show kommen werden. Darauf freue ich mich sehr. Für die ist das auch eine echt spannende Sache. Einige meinten zu mir, sie könnten sich das bisher noch gar nicht vorstellen, was ich da wohl genau machen werde. Auch der Fakt, auf so großen Musicaltheaterbühnen zu spielen, ist für mich echt was Besonderes.
Welche Message ist dir aus dem Film „The Greatest Showman“ am meisten im Kopf geblieben?
Durch meine Vergangenheit bei DSDS bin ich es gewöhnt, häufig der Underdog zu sein. Ich muss mich immer wieder beweisen, weil die Casting-Vergangenheit manchmal auch einen negativen Touch hat. Die Leute fragen sich dann zum Beispiel, ob ich wirklich singen kann. Genau das ist für mich auch eine der Kernaussagen des Films. Dass man manchmal nicht weiß, was alles in den Menschen steckt und man ihnen oft so manches nicht zutraut. Das finde ich sehr inspirierend.
Was ist dein wichtigstes DSDS-Learning, das dir heute nach 15 Jahren immer noch hilft?
Mit Stresssituationen gut umzugehen. Du singst von jetzt auf gleich vor Millionen von Menschen, so wie damals bei DSDS im TV, bist eigentlich gnadenlos überfordert, aber genau an den Druck habe ich mich mit der Zeit gewöhnt. Ich probiere nun, besser abzuschalten. Damals war ich wie eingefroren, mittlerweile kann ich das besser überspielen, weil ich gefühlt jede Stresssituation oder auch jede Panne, die passieren kann, schon mal durchlebt habe. Das war auf jeden Fall eine gute Schule. Aufgeregt bin ich aber immer noch. Wenn ich nicht mehr aufgeregt bin, fehlt eindeutig die Leidenschaft. Allerdings wird es bei „This is the Greatest Show!“ ein neues, anderes Publikum geben. Es ist generell ein neues Konzept für mich ist, weswegen ich sehr gespannt bin, wie ich angenommen werde.
Mehr zu „Disney in Concert – Follow Your Dreams“ mit Alexander Klaws auf der Website.
NRW-Termine: 7.5. Rudolf Weber-Arena Oberhausen, 10.5. Messe und Congress Centrum Münster, 11.5. Lanxess Arena Köln
Mehr zu „This is the Greatest Show! – Die größten Musical-Hits aller Zeiten“ mit Daniel Schuhmacher auf der Website.
NRW-Termine: 1.4. Stadthalle Bielefeld, 4. & 5.4. Theater am Marientor Duisburg, 6.4. Arena Kreis Düren, 10.4. RuhrCongress Bochum, 16.-18.5. Metronom Theater Oberhausen
Ideen für die nächsten Wochen