Dass während der Aufführung Texte von Gudrun Ensslin und Leonardo da Vinci verwendet wurden, fiel mir nicht auf. Erst das dicke Programmheft enthüllte mir dies. Mich beschleicht immer mehr das Gefühl, dass es an mir liegen muss. An mir, dem unwissenden Kulturbanausen, der dieses Meisterwerk einer völlig innovativen „Oper“ nicht begriffen hat. Dieser Eindruck erhärtet sich noch mehr in der anschließenden Freitagsküche. Eine Dame am Tisch, die sichtlich angetan ist von dem Stück, fragt mich nach meiner Meinung. Als ich ihr eröffne, dass ich so gar nichts damit anfangen konnte, weiten sich ihre Augen verwundert und sie sagt: „Vielleicht hängt das von der Tagesform ab? Vielleicht hatten Sie heute einen schlechten Tag? Aber man darf ein Stück ja auch nicht mögen“. Sie lächelt, aber ich merke ihr an, dass sie eigentlich überhaupt nicht verstehen kann, warum mich die Darbietung nicht überzeugt hat. Deswegen lächle ich freundlich zurück und belasse es dabei. Es muss so sein: Irgendetwas stimmt nicht mit mir . . . Einen Tag nach Aufführung und Freitagsküche lässt es mir keine Ruhe. Ich durchforste das Internet nach Rezensionen. Der Grundtenor: größtenteils sehr positive Resonanzen.
Ich gebe mich geschlagen, da fällt mir ein Satz des Dramaturgen ein, der uns bei der Freitagsküche Gesellschaft leistete: „Es geht bei dem Stück gar nicht darum, hinter allem einen Sinn zu sehen oder zu suchen.“ Mit der Wahrnehmung und dem eigenen Geschmack stellt es sich genauso dar. Dem Großteil der Besucher gefiel das Stück - mir eben nicht. Ein Umstand, für den ich mich nicht schämen muss.